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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 19
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Heicke, C.: Die geschäftliche Lage der Baumschulen und Gartenarchitekten während des Krieges
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0284

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sonst als Abnehmer in Betracht kommenden
Kreise bemerkbar. Aus naheliegenden Gründen
suchenViele jetzt alle nicht unbedingt notwendigen
Ausgaben zu umgehen oder wenigstens hinaus-
zuschieben, und hiervon wird das Absatzgebiet
der Baumschulen und Staudengärtnereien in be-
sonders empfindlicher Weise betroffen. Viele
sagen sich, daß Anpflanzungen, einerlei ob es sich
um nutzbringende Obstpflanzungen auf Obst-
gütern, Landstraßen und in Gärten, oder um die
Ausführung von Gärten und Parks, öffentliche
Erholungsanlagen u. dgl. handelt, jetzt leicht zu-
rückgestellt und die Mittel dafür für andere Zwecke
verfügbar gehalten werden können. Nur in ganz
bedingtem Sinne darf dies als zutreffend be-
zeichnet werden, und es sprechen sehr beachtens-
werte Gründe allgemeiner und besonderer Art
dafür, hierin nicht zu weit zu gehen.

In den Baumschulen sind ganz bedeutende
Summen unseres Volksvermögens festgelegt.
Zahlreiche Besitzer haben ihre gesamten Bar-
mittel im Betrieb stecken. Namentlich mittlere
und kleine Betriebe, die im Baumschulgeschäfl
neben einer Anzahl Großbetriebe zahlreich vor-
handen sind, geraten in große Verlegenheit, wenn
der Umsatz länger unterbrochen bleibt. Die Be-
triebe können nicht einfach still gelegt werden,
wie ein Zigarrenladen, dessen Inhaber einberufen
ist; die Bestände erfordern, wenn sie nicht ver-
wildern und zum Teil wertlos werden sollen, un-
ausgesetzte Pflege und Bearbeitung. Das kostet
Arbeit und Geld, auch wenn nichts verkauft wird.
Es kommt hinzu, daß gerade die jetzige Jahres-
zeit bis ins Frühjahr hinein im Baumschulgeschäft
die Umsatzzeit ist. Viele Betriebe laufen Gefahr,
inVerschuldung und Bedrängnis zu geraten, wenn
der gegenwärtige Zustand von längerer Dauer ist,
zumal auch die Kriegsdarlehenskassen, wie wir
erfahren, ihren Bestimmungen nach nicht leicht
für wirksame Hilfe in Frage kommen.

Neben den Besitzern der Betriebe werden die
Arbeitnehmer durch das Ausbleiben der Aufträge
und die dadurch bedingte Arbeitslosigkeit gerade
in der für die Gewinnung anderer Arbeitsgelegen-
heit ohnehin ungünstigen Jahreszeit hart be-
troffen. Es handelt sich um wertvolle geschulte
Arbeitskräfte, die für die Betriebe leicht verloren
gehen können, wenn sie anderweitig Unter-
kommen finden und sich dann in andere Beschäf-
tigungsarten einleben. Das würde sich umso-
mehr fühlbar machen, als zweifellos durch den
Krieg zahlreiche Lücken in der Arbeiterschaft
eintreten werden, weil sich darunter besonders
viele kriegsbrauchbare Leute befinden. Denn der
Beruf ist an sich ein anstrengender und verlangt
gesunde kräftige Leute. Man kann sagen, wer
dauernd arbeitsfähig im Baumschulfache ist, ist
auch felddienstfähig.

Es liegen hier also ernste Gefahren für einen
wichtigen Teil der heimischen Volkswirtschaft

vor und es muß schon aus allgemeinen Gründen
gefordert werden, daß alles getan wird, was dem
drohenden ernsten Notstand, der sehr leicht
auch einen Rückschlag in unserer Unabhängigkeit
vom Ausland nach sich ziehen kann, vorbeugen
und zu seiner Milderung beitragen kann.

Aber es wäre falsch, zu glauben, daß die ge-
forderte Abhilfe nur durch Aufwendungen erzielt
werden könnte, die lediglich den fraglichen Ge-
schäften selbst zum Vorteil gereichen. Man ist
glücklicher Weise längst von der Auffassung ab-
gekommen, daß Gartenanlagen und gartenmäßige
Anpflanzungen zu den entbehrlichen Dingen ge-
hören, die man sich nur in Zeiten der Ruhe und
des Wohllebens leisten solle. Man hat erkannt,
daß sie für Volkswirtschaft und Volksgesund-
heitspflege so wichtig sind, wie gesunde Woh-
nungen, Wasserversorgung und dergleichen. Was
also heute, um nichtdringliche Ausgaben zu ver-
meiden, an Anpflanzungen und Gartenanlagen
unausgeführt gelassen wird, ist nicht aufgehoben,
sondern nur aufgeschoben. Ihre Ausführung
kommt zweifellos, sobald ruhige Zeiten wieder
eingekehrt sind.

Bei dem nach dem Krieg zu erwartenden all-
gemeinen Aufschwung muß auf ein kräftiges An-
ziehen aller Preise und Arbeitslöhne gerechnet
werden. Auch Gartenanlagen und Baumschul-
erzeugnisse werden erheblich kostspieliger zu
stehen kommen wie jetzt. Bei der dann ein-
tretenden Überhäufung der in Frage kommenden
Geschäfte und Geschäftszweige können Ausfüh-
rungen und Lieferungen nicht mit der Sorgfalt
und Aufmerksamkeit bewerkstelligt werden, wie
heute. Heute in einer geschäftsstillen Zeit wird
man auf weitgehendes Entgegenkommen bei Ab-
schlüssen, beste Beschaffenheit der zu liefernden
Ware und weitgehende Sorgfalt in der Ausfüh-
rung erteilter Aufträge zu rechnen haben.

Es liegt also auf der Hand, daß jeder, der,
sei es aus Liebhaberei, sei es aus Notwendigkeit,
Gartenanlagen, Baumpflanzungen und ähnliche
Dinge auszuführen beabsichtigt,sich selbst schadet,
wenn er diese Dinge vertagt und damit in die
Zeit nach dem Krieg hineingerät. Alle Beteiligten
haben den größten Vorteil, wenn gerade die
jetzige stille Zeit nach Möglichkeit benutzt wird,
und es sprechen allgemeine volkswirtschaftliche
Gründe sowohl wie auch der Nutzen von Auf-
traggeber oder Auftragnehmer gegen die auf-
schiebende Behandlung.

Und wie alles nicht für sich gesondert, son-
dern im Zusammenhang mit anderen Dingen,
steht, so kommen hier nicht die Baumschulen
und ihre Abnehmer allein in Betracht, sondern
es steht noch ein anderer Zweig des Garten-
baues, der ebenfalls heute einen empfindlichen
geschäftlichen Stillstand erlebt, dazu in enger
Beziehung; das ist der Stand der Gartenarchi-
tekten. Er hat sich ebenfalls im Gegensatz zu

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