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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 20
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Maasz, Harry: Krieger-Grabstätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0299

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bare Völkerringen, in dem Millionenheere sich
gegenüberstehen, in dem Deutschlands Söhne ihr
Herzblut lassen, das Vaterland zu schützen und
das Deutschtum, den Deutschgedanken! — Große
Zeiten, wie die heurige eine ist, sind berufen,
von ihren Regungen ausgehende Strömungen
groß und stark zu lösen, so stark, daß sie in den
Herzen der nachfolgenden Geschlechter gewaltig
nachklingen, daß sie beredtes Zeugnis ablegen
von dem Geist, der das deutsche Volk in einer
solch schweren und großen Zeit beseelte.

Wird die Verwirklichung des großen Ge-
dankens innerhalb unserer Friedhöfe in jedem
Falle möglich sein? Das ist eine Frage, deren
Prüfung uns zuvor obliegen muß. Bereits fertige
Planlegungen lassen in den allerwenigsten Fällen
außerordentliche Lösungen zu, Lösungen mit
starker Betonung des Gedankens an eine Helden-
grabgemeinschaft, die sich keinesfalls den beste-
henden Verhältnissen unterordnen darf, die viel-
mehr dazu berufen ist, als stark tönende Domi-
nante, der sich die übrigen Maßnahmen unter-
ordnen, bestimmt hervorzutreten. Heldengräber
gehören nicht an eine zufällig an irgend einem
Ort des Friedhofs vorhandene, geräumig genug
erscheinende Stelle. Das geschieht aber allzu-
leicht, und mir zu Gesicht gelangte Planlegungen
dieser Art bestätigten das. — Sind unsere Helden
nicht wert, die bevorzugteste Lage eines Fried-
hofes für die letzte Ruhe angewiesen zu be-
kommen? Ich denke, ein solcher Ort ist für diese
deutschen Männer voll Mut und Todesverachtung
noch gerade gut genug, und wo er nicht vorhan-
den, da muß er geschaffen und entsprechend
hergerichtet werden; er muß sage ich. Planum-
legungen sind das beste Mittel, um zum Ziel zu
gelangen, Planumlegungen großzügigster Art
dergestalt, daß bei einer in den kommenden
Jahrzehnten immerhin möglichen Aufhebung des
Friedhofes dieser Heldenruheplatz als selbstän-
diger Organismus weiter bestehen kann; ein
Wahrzeichen Deutschlands größter Zeit. — Wer
mit den Gräbern auf dem Friedhof zu bleiben
genötigt ist, durch Vorschriften mancherlei Art,
oder auch infolge seines Bekenntnisses und an-
derer Bedenken wegen mehr, der suche nach dem
bestgeeigneten Platz und schaffe auch dann aus
Heldengräbern einen Organismus, der vor der
Nachwelt bestehen kann. Wer sich loszureißen
vermag von üblichen Gepflogenheiten, der suche
in der Stadt Weichbild oder weiter draußen an
prächtigen Punkten der Landschaft im Wald oder
am Waldrand nach Stätten, die die Möglichkeit
zur Schaffung geweihter Heldengrabgemein-
schaften zulassen, nach Stätten, die unsere Helden
aufnehmen, zugleich aber bestimmt sind, unseren
Kindeskindern ein Ort zu sein, an welchem zu
Gedenktagen unserer Siege und siegreichen Hel-
den feierlich gedacht werden kann. Mit den Grä-
bern zugleich laßt uns also daran gehen, Ge-

denkstätten zu schaffen und beides zusammen-
zufügen zu einem Denkmal größten Ausmaßes,
zu einer Kulturstätte. Fast eine jede Stadt be-
sitzt eine Anzahl würdiger Baumgruppen für
deren Erhaltung die Naturschutzbestrebungen
bereits vorgesorgt haben, oder Waldungen, deren
Baumbestand durch eben dieselben Bestrebungen
dem Schutz unterworfen wurden. Durch ziel-
bewußte Behandlung und Ausbildung wird Wür-
diges daraus entstehen können.

Für Lübecks Heldengräber machte ich unter
anderen für die Aufnahme auf Friedhöfen be-
stimmten Hinweisen den hier in Skizzen beige-
fügten Vorschlag. Da liegen die Gräber um einen
Eichenhain geordnet, von Steinringwall mit
Schlehengebüsch umgeben. Mitten im Feld steht
diese Eichengruppe in einem weiten Raum aus
Alleen und Wald gebildet. Die Eichen sollen
Restbestände aus mittelalterlicher Zeit sein, wo
daselbst das Hochgericht abgehalten wurde; ge-
nau weiß man es heute nicht mehr. Aber sie
stehen dort, ein gewaltiges Naturdenkmal, und
treten mit ihrer scharfen Silhouette aus der
dahinter marschierenden Waldwand heraus-
fordernd vor. Lübecks Bevölkerung hat allsonn-
täglich den Anblick dieser prächtigen Eichen-
hellung, wenn sie zu den Walderholungsstätten
wandert, und wer sie zum erstenmal sieht, bleibt
überrascht stehen, so gewaltig ist der Eindruck.

Gibt es eine Stätte, die würdiger ist zur Auf-
nahme von Kriegergräbern und ihrer Vereinigung
mit dem Hain zur Gedenkstätte ? — Technische
Maßnahmen zur vorschriftsmäßigen Beerdigung
gaben Veranlassung, das Projekt so zu gestalten,
wie es vorliegt. Die Begräbnisfläche muß eine
Auf höhung um 1 m erhalten, die gestützt wird
nach dem Rande und nach der Mitte zu durch
Feldsteinmauern. Die äußere der beiden Ring-
mauern erhält als Abschluß, der optisch und tech-
nisch gleich gut ist, eine Schlehenbuschpflanzung.
Ein heimatliches Motiv, welches in Schleswig-
Holstein mancherorts gelegentlich der Anlage
von Knicks' entstand. Das Ganze umschließt ein
breiter Graben, dessen Aushub zur Aufhöhung
mit verwendet wird. Freitreppen und Wangen,
Torpfeiler und Brücken sind gleichfalls aus be-
hauenen Feldsteinen auszuführen. Die Gelände-
gestaltung zeigt der Schnitt, während die per-
spektivische Skizze das Denkmal in seinen Formen
nach Beendigung der Arbeiten und nach voll-
endetem Wachstum des Schlehenbusches ver-
deutlicht. — Ich sehe sie wallfahren, die festlich
geputzten Mädchen Lübecks, zu der Stätte mit
Blumen und Blütengewinden, die Gräber der
Helden zu schmücken an großen Tagen, an denen
auch Jünglinge und Männer dorthin ihre Schritte
lenken, dort unter dem Dom mächtiger Eichen
die große Zeit und ihre mutigen Streiter in Rede
und deutschem Sang zu verherrlichen, sie feier-
lich, festlich und begeistert alljährlich zu begehen.

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