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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0113

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tum, sondern daß das Christentum die Menschenbrust in
Fäulnis versetzt hat. Darum brüllt die Apokalypse. Ohne dies
gäbe es keine „neue Erde" und keinen „neuen Himmel". Ohne
dies gäbe es überhaupt keine Apokalypse.

Die Apokalypse verlangt, verkündet und gebietet eine neue
Religion. Das ist ihr Wesen. Aber worum geht es hier? Was ist
geschehen?

Das entsetzenerregend Apokalyptische. Seltsam ist, daß die
Menschen, Völker, die Menschheit eine apokalyptische Krise
durchleben. Daß das Christentum selbst jedoch keine Krise
durchmacht. Das ist so evident, kann so unumstößlich aus der
Apokalypse, „den Zeilen dieses Buches selbst", herausgelesen
werden, daß man sich nur wundern kann, wieso kein einziger
von den Lesern und zahllosen Deutern dieses Buches das nicht
bemerkt hat. Die Völker „singen ein neues Lied", getrösten
sich, ziehen weiße Gewänder an und machen sich auf „zum
Born des Lebens", zu den „Quellen der Gewässer". Wohin
weder die Päpste noch die Priester von einst sie jemals geführt
haben.

Die Buhlerinnen wehklagen. Die Hohepriester weinen. Die
Könige stöhnen. Die Völker winden sich in Qualen: aber ein .
Rest des Volkes wird gerettet; ihm wird die größte Tröstung
zuteil, in der jedoch kein Tropfen Christentum oder Kirch-
lichkeit mehr enthalten ist.

Aber worum handelt es sich denn hier eigentlich? Warum
spricht der Seher mit solch unwiderleglicher Klarheit, daß die
Menschheit „ihr Christentum" überleben und noch lange nach
dem Untergang des Christentums weiterleben wird: nach der
Darstellung, die keinen eigentlichen Abschluß hat, zu urteilen -
noch unendlich lange, „ewig".

Ziehen wir eine Parallele:

Das Evangelium malt.

Die Apokalypse gebietet den Massen und baut mit Riesen-
blöcken.

In Bildern, die an Kraft die des Evangeliums übertreffen und
ihnen an Schönheit nicht nachstehen - die alles durchbohren,
rufen und zum Himmel und zur Erde schreien, spricht sie da-
von, daß die Kirchlein, die noch kaum über den Stadtrand
kleinasiatischer Städtchen hinausgedrungen waren - die ersten
 
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