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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0192

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beschwert vom Gewicht der Graberde, aus der sie sich heraus-
gearbeitet hat, um den Mann zu besuchen, des Grundwassers,
von dem ihr Fellmantel trieft, ihre Bewegung ein sanftes
Schaukeln zuerst, dann ein zunehmend heftiges Reiten, bis
der Orgasmus den Rücken des Mannes gegen die Stuhllehne
drückt, die krachend nachgibt, den Rücken der Frau gegen die
Kante des Tisches, das Weinglas umstürzend, der mit Früchten
beschwerte Pokal kommt ins Rutschen und, wenn die Frau
sich nach vorn wirft, ihre Arme den Mann umklammern, seine
Arme unter dem Fellmantel sie, er sich in ihrem, sie sich in sei-
nem Hals verbeißt, mit dem Tisch knapp vor dem Rand wieder
zum Stehn, oder die Frau auf dem Stuhl, der Mann hinter ihr
stehend, seine Hände Daumen an Daumen um ihren Hals ge-
legt, wie im Spiel zuerst, nur die Mittelfinger berühren sich,
dann, wenn die Frau sich gegen die Stuhllehne bäumt, ihre
Fingernägel in seine Armmuskeln krallt, ihre Hals- und
Stirnadern hervortreten, ihr Kopf sich mit Blut füllt, das Ge-
sicht blaurot einfärbend, ihre Beine zuckend gegen die Tisch-
platte schlagen, das Weinglas stürzt um, der Pokal kommt ins
Rutschen, schließt der Würger den Kreis, Daumen an Daumen,
Finger an Finger, bis die Hände der Frau von seinen Armen
herabfallen und das leise Knacken des Kehlkopfes oder der
Halswirbel das Ende der Arbeit anzeigt, vielleicht gibt unter
dem wieder toten Gewicht jetzt, wenn der Mann seine Hände
zurücknimmt, die Stuhllehne nach oder die Frau fällt nach
vorn, mit dem blauroten Gesicht auf das Weinglas, aus dem die
dunkle Flüssigkeit, Wein oder Blut, ihren Weg in den Boden
sucht, oder rührt der ausgefranste Schatten am Hals der Frau
unter dem Kinn von einem Messerschnitt her, die Fransen ge-
trocknetes Blut aus der halsbreiten Wunde, schwarz mit ver-
krustetem Blut auch die Haarsträhnen rechts vom Gesicht,
Spur des linkshändigen Mörders auf der Türschwelle, sein
Messer schreibt von rechts nach links, er wird es wieder brau-
chen, es bauscht seinen Jackenstoff, wenn das zerbrochene
Glas sich zusammensetzt aus den Scherben und die Frau an
den Tisch tritt, am Hals keine Narbe, oder wird es die Frau
sein, der durstige Engel, der dem Vogel die Kehle aufbeißt und
sein Blut aus dem offenen Hals in das Glas gießt, die Nahrung
der Toten, das Messer ist nicht für den Vogel, das Gesicht des
 
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