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HEIDELBERGER

N°. 36.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Wilda> das Gildeimesen im Mittelalter.
( B es chlufs.)
Doch, der Alhem versagt über dem Herzahlen aller dieser
Ingredienzen, die in diefs Gildenwesen zusammengetragen sind;
die Hauptsache aber kommt noch. In der ganzen Zeit vor dem
lZRen Jahrh., vor dem Aufkommen der Handwerksgilden, wo ein
Patriciat sich in allen Städten von Europa in den ausschliefsli-
chen Besitz der Begierung setzt, sieht er unter diesen adeligen
Geschlechtern Alles von Gilden und Genossenschaften wimmeln.
Die Convivien in nordischen Städten, die Richerzeche in Colin,
die Hausgenossen in Speier , die streitenden Factionen in Strafs-
burg, jedes Regierungscollegium und jede Verwaltungsbehörde,
Alles das sind Gilden. Wenn er die italienischen Zünfte hinzu-
gezogen hätte, unstreitig würden wir dann die Guelfen und Glfi-
bellinen auch als Gilden auftreten sehen, und wenn wir uns dann
noch ein wenig enger an das Wort gehalten hätten, so hätten
wir auch alle Hetzersecten in die Gesellschaft ziehen können.
Das ist wohl richtig, dafs am Ende des löten Jahrhunderts, als
die niedrigen Zünfte politisch hervortraten und anfingen Opposi-
tion zu machen gegen die Regierung der Städte, auch die Patri-
cier hier und da sich in Vereinigungen zusammenshlossen, die
ihr Vorbild aber von den Handwerkszünften nahmen , und nicht
umgekehrt, die wir auch trotz dem nur ungern mit dem Namen
Gilden belegen oder in eine Geschichte der Gilden hereinziehen
würden. Auf diefs Resultat kommt man bei Betrachtung jeder
deutschen Stadtgeschichte, (so bei den Hausgenossen in Speier,
unter den Städten die der Verf. selbst anführt), auf diefs Resul-
tat ist Warnkönig in seinem gründlichen und wackeren Werke
über ilandrische Geschichte gekommen, auf diefs Resultat kommt
man bei den italienischen Stadtgeschichten. Ueberhaupt ist es
ein Fehler aller unserer Forscher in den Stadtgeschichten, dafs
sie sich wie Wilda im GildenwTesen, lieber in dem Dunkel her-
umdrehen, als im Hellen suchen. Wer etwas Allgemeiners über
Städteentwicklung sagen will, mufs durchaus mit den italienischen
und niederländischen Städten anfangen, denn dort ist das eigent-
XXVIII. Jahrg. 6. Heft. 36
 
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