Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Heineken: Bremen in topogr. medic. u. a. Hinsicht. I. 367
beim Alten, Schwerfälligkeit in der Wahl der Mittel, als geringe
Lebhaftigkeit des Gefühls, Schwäche der Phantasie, Mangel an
Genialität hervortritt und die sich schon in der matten Physiogno-
mie, der geringeren Gewandtheit des Körpers und der schleppen-
den gedehnten Sprache, namentlich des plattdeutschen Dialekts
derselben, ausdrückt. Jene Indolenz tritt freilich beim Kaufmann
in den Hintergrund, wenn es gilt, die Zeitumstände zu benutzen
Um sein Glück zu machen , allein auch nur dann und zu diesem
Zweck; für ein reges höheres geistiges Leben mangelt oft ihm
der Sinn.« Die Geschlechtsausschweifungen sind im Verhältnifs
zu andern Städten gering. Im dortigen Krankenhause giebt es
nur 7V2 pCt. Syphilitische. Die unehlichen Geburten verhalten
sich in der Stadt wie 11, auf dem Land wie 7 zu 100. Die Ehe
wird heilig gehalten. An den sog. Kindertagen vereinigen sich
alle Glieder einer Familie. Der Vf. beklagt es, dafs diese schö-
nen Kreise seltener werden. Wahre Geselligkeit ist eben nicht
häufig. Die Stände sind streng gesondert. Statt des Erb- besteht
der Geldadel. Volksfeste, an denen die ganze Bevölkerung Theil
nimmt, gibt es nicht, ausser etwa am 18. October. Getanzt wird
nicht leidenschaftlich; Schauspiele und Concerte sind wenig be-
sucht, desto häufiger die Theezirkel der Frauen und die Klubbs
der Männer, in welchen letzteren die Zeit durch Karten- und
Billardspiel und durch Zeitungslektüre ausgefüllt ist. Erst in neue-
rer Zeit ist mehr Sinn für die Musik erwacht. Unter den übrigen
Künsten hat sich noch die Malerei die meisten Freunde zu er-
werben gewufst. Es gibt einzelne Bildersammlungen. Vaterlän-
dische Künstler, wie die beiden Menken, finden ihre volle An-
erkennung. Mit den ersten Frühlingstagen zieht Jeder, der es
vermag, auf das Land. Eine grofse Reiselust führt den Bremer
häufig auswärts.
Zu den öffentlichen Bildungsanstalten gehört 1) das Gymna-
sium illustre , an dem sonst alle Fächer besetzt waren, sich aber
jetzt nur noch zwei Professoren der Medicin und einer der Juris-
prudenz befinden. 2) Die Hauptschule. Sie trennt sich in die
Gelehrten-, die Handels- und die Vorschule. An ihr ertheilten
i834 *4 ordentliche und i3 zeitige Hülfslehrer den Unterricht.
Die Frequenz betrug in der ersten 62, in der zweiten 96 und in
der dritten 242 Schüler. Die Neben- und niederen Schulen sind
in 5 Distrikte abgetheilt. Freischulen gibt es 8, im J. 1884 von
970 Schülern besucht. Ausserdem besteht eine Navigations- und
eine Zeichncnschule. Ein Seminar für Schullehrer wurde 1822
 
Annotationen