X". 31.
HEIDELBBEGEB
1838.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Friedrich Wilhelm der Grofse Kurfürst, nach bisher noch ungekannten
Original-Handschriften von Leopold v. Orlich, Seconde-Lieutenant
im Kaiser Alexander Grenadier-Regiment. Berlin, Posen u Bromberg.
Ernst Mittler. 1836. VIII u. 382 S. Text mit 200 S. Beilagen.
Wir haben seit einigen Jahren aus der preufsischen Königs-
stadt eine nicht geringe Zahl von historischen Werken erhalten,
zuletzt vorzugsweise mehrere Monographieen zur Geschichte der
preufsischen Monarchie. Es würde vielleicht unbillig scheinen,
wenn wir an diese denselben Mafsstab, wie an Savigny’s klassische
Werke oder an die geistreichen Skizzen Ranke's, oder an die
Leistungen gediegener Gelehrsamkeit Wilken’s, oder auch an die
leichteren Auffassungen Friedrichs v. Raumer legen wollten, denn
das sind in Wind und Wetter schon versuchte Männer. Auch
haben von ihnen nur Wilken durch seine treffliche Geschichte
der königlichen Ribliothek in Berlin und durch kleinere Aufsätze,
so wie Raumer durch seine Beiträge zur Geschichte Friedrichs
des Grofsen aus englischen Gesandtschaftsberichten zu der Er-
weiterung der Geschichtskunde der preufsischen Monarchie beige-
tragen, welcher, man darf es wohl sagen, beider Hauptthätigkeit
eigentlich nicht gewidmet ist. Mit der Geschichte der preufsi-
schen Monarchie oder doch einzelner Theile derselben scheinen
sich die Verfasser mehrerer anderen Werke ausschliefslich oder
doch vorzugsweise zu beschäftigen , was um so mehr anzuerken-
nen ist, als sie der tüchtigen Arbeiter noch gar sehr bedarf und
vielleicht in Berlin gerade für eine gediegene Art von Behand-
lung derselben nicht übermäfsig viel Sinn herrschen mag. Lanci-
zolle hat in seiner Geschichte der Bildung des preufsischen Staats,
deren zweiten Band wir seit acht Jahren schmerzlich vermissen,
die Geschichte der Vereinigung der einzelnen Landestheile mit
gründlicher und umfassender Kenntnifs des Gedruckten nachge-
wiesen. Archive konnte er, wie es scheint, nicht benutzen, ob-
gleich er für archivalische Forschungen alle eigenen Hülfsmittel
besitzen dürfte, wie sie nicht oft gefunden werden. Es war sicher
ein glücklicher Gedanke, den wir Wilken, Ranke oder Raumer
schuldig seyn mögen, dafs die königliche Akademie der Wissen-
schaften sich auch einmal wieder der lange verlassenen vaterlän-
XXXI. Jahrg. 5. Heft.
31
HEIDELBBEGEB
1838.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Friedrich Wilhelm der Grofse Kurfürst, nach bisher noch ungekannten
Original-Handschriften von Leopold v. Orlich, Seconde-Lieutenant
im Kaiser Alexander Grenadier-Regiment. Berlin, Posen u Bromberg.
Ernst Mittler. 1836. VIII u. 382 S. Text mit 200 S. Beilagen.
Wir haben seit einigen Jahren aus der preufsischen Königs-
stadt eine nicht geringe Zahl von historischen Werken erhalten,
zuletzt vorzugsweise mehrere Monographieen zur Geschichte der
preufsischen Monarchie. Es würde vielleicht unbillig scheinen,
wenn wir an diese denselben Mafsstab, wie an Savigny’s klassische
Werke oder an die geistreichen Skizzen Ranke's, oder an die
Leistungen gediegener Gelehrsamkeit Wilken’s, oder auch an die
leichteren Auffassungen Friedrichs v. Raumer legen wollten, denn
das sind in Wind und Wetter schon versuchte Männer. Auch
haben von ihnen nur Wilken durch seine treffliche Geschichte
der königlichen Ribliothek in Berlin und durch kleinere Aufsätze,
so wie Raumer durch seine Beiträge zur Geschichte Friedrichs
des Grofsen aus englischen Gesandtschaftsberichten zu der Er-
weiterung der Geschichtskunde der preufsischen Monarchie beige-
tragen, welcher, man darf es wohl sagen, beider Hauptthätigkeit
eigentlich nicht gewidmet ist. Mit der Geschichte der preufsi-
schen Monarchie oder doch einzelner Theile derselben scheinen
sich die Verfasser mehrerer anderen Werke ausschliefslich oder
doch vorzugsweise zu beschäftigen , was um so mehr anzuerken-
nen ist, als sie der tüchtigen Arbeiter noch gar sehr bedarf und
vielleicht in Berlin gerade für eine gediegene Art von Behand-
lung derselben nicht übermäfsig viel Sinn herrschen mag. Lanci-
zolle hat in seiner Geschichte der Bildung des preufsischen Staats,
deren zweiten Band wir seit acht Jahren schmerzlich vermissen,
die Geschichte der Vereinigung der einzelnen Landestheile mit
gründlicher und umfassender Kenntnifs des Gedruckten nachge-
wiesen. Archive konnte er, wie es scheint, nicht benutzen, ob-
gleich er für archivalische Forschungen alle eigenen Hülfsmittel
besitzen dürfte, wie sie nicht oft gefunden werden. Es war sicher
ein glücklicher Gedanke, den wir Wilken, Ranke oder Raumer
schuldig seyn mögen, dafs die königliche Akademie der Wissen-
schaften sich auch einmal wieder der lange verlassenen vaterlän-
XXXI. Jahrg. 5. Heft.
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