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186

Belletristik.

Solch Lumpenpack, das hat kein Fatum,
Das läl'st uns kalt und ungerührt,
Und wenn auch zehnmal am nämlichen Datum
Grofsvater, Vater und Sohn krepirt.
„Thespis und der Doctor Radikal·4 enthält der Bühne gewid-
mete Seufzer (S. 83—95); „der Fufsfall“ (S. 96—104) ist ein dra-
matisches Kunststück in 72 Reimzeilen, etwa wie das „Komm her“
von Elzholz. Das siebente Buch füllen ganz die schon erwähnten
Promenaden eines Berliners in seiner Vaterstadt, an Tieck, und das
achte Buch „die Kämpfe der Zeit 1813—1815“ ein Buch, von wel-
chem der Dichter selbst seine poefische Unsterblichkeit erwartet:
Es ruht auf gutem Grunde,
Es wird nicht fortgeschwemmt,
Harrt, bis zur rechten Stunde
Der rechte Fischer kömmt.
Dann wird siehe offenbaren,
Nach manchem langen Jahr,
Dann wird die Welt erfahren,
Dai's auch ich Dichter war. (T,9'2.)
Die Stunde der Kritik ist für diese Poesien noch nicht gekom-
men; ihr politischer Inhalt steht in so schneidendem Contraste mit
der Gegenwart, dafs sie jetzt noch keinen ruhigen Beurtheiler An-
den können. Uns alle bewegt der Wunsch, die Leidenschaft. Wie
sich die politischen Ansichten Roberts später gestaltet, erzählt das
Vorwort S. XIX f. Noch enthält dasselbe die Kritik von W. Alexis
über Robert den Dichter, die ganz geeignet ist, diese unsre flüch-
tige Anzeige zu vervollständigen und ihr Urtheil zu bestätigen.
Die Biographie schliefst mit dem freundlichen Wort eines Auslän-
ders über den Dichter.
Wir gehen zu Nr. 2 über. Wenn wir aus Ludwig Roberts
Gedichten auf eine glückliche Ehe des Verstandes und der Empfin-
dung schliessen durften, bei welcher die Phantasie nur das beschei-
dene Recht der Hausfreundschaft geltend macht, erblicken wir da-
gegen in Eduard Mörike's kleiner aber inhaltsschw'eren Ge-
dichtesammlung die kühne Jungfrau Phantasie die ewig bewegli-
che, immer neue, seltsame Tochter Jovis, hoch auf dem wilden
Flügelrösse sitzend, das sie keck tummelt, so dafs nur aus der
nie verloren gehenden Grazie seiner Sprünge, und dem Glücke, das
die Reiterinn nicht verläfst, geschlossen werden darf, dafs unsicht-
bar der Verstand hinter ihr im Sattel sitzt, die kühne Braut um-
schlingt, und wenn es Noth thut, ihr die Zügel halten und anzie-
hen hilft. Mörike hat sich schon durch seinen Maier Nolten nicht
bei dem Weibe Publicum, das nichts verlangt, als Zeitvertreib, son-
dern bei der unsichtbaren poetischen Gemeinde einen rein klingen-
den Namen gemacht; seine lyrischen Erstlinge hat der Verfasser
dieser Anzeige vor mehr als zehen Jahren mit pochendem Herzen
dem Morgenblatte zugetragen, — seitdem hat der Sänger nur we-
 
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