622
Kurze Anzeigen.
er mit Recht Madvig’s Lesart: ut nobis optime naturae vim vidisse vi-
deantur, wofür in den Handschrr. steht optime naturam invidisse, sinnlos: und
wir nach Bentlei’s Verbesserung optimam magistram invidisse gaben. Jene
Verbesserung ist aber nicht von Madvig, .sondern schon 1792 von Nissen, der
wahrscheinlich auch ein Däne war (Curae novissimae in Μ. T. C. Tuscc. Quaestt.
— Altonae. 8. p. 65) gemacht, auch von Tregder aufgenommen worden. —
Ebd. Quum vero accedit eodem, quasi maximus quidam magister, populus.
Aus der Erwägung des Zusammenhanges macht der Verf. es sehr wahrschein-
lich , dass accedit eodem (besonders auch wegen eodem, das keinen rechten
Sinn giebt) verdorben sein möge. Aber wenn er uns nun ansinnt, Quum vero
prodocet quasi — magister populus, das Horazische άπας λεγόμενον, dem
Griechischen προδιδάσζειν nachgebildet aus Epist. I, 1, 56. zu adopliren, so müs-
sen wir dagegen in Cicero’s Namen protestiren. Da läge den Schriftzügen näher
addocet eadern, welches einmal Cicero (Cluent. 37, 104.) und einmal Hora-
tius (Ep. 1,5, 18.) hat, wenn man nicht, da man doch, wegen des kurz vor-
her stehenden Accedunt etiam poetae, das accedit nicht wird behalten wollen,
gar empfehlen will adducit eodem oder advocat eodem. — Ebend. wenn der
Text, nach nihil praestantius hononbus, imperiis, populari gloria judicaverunt,
fortfährt: ad quam fertur optimus quisque, so fordert der Verf. ad quae —,
weil es sich auch auf die honores und imperia beziehen müsse, wogegen wir
vermuthen, Cicero könne mit gloria in weiterm Sinne auch die beiden andern
Dinge umfassen und dies durch ad quam q u i d e m ausgedrückt haben, welches
letztere Wort, wegen Aehnlichkeit der Abbreviaturen beider Wörter, leicht aus-
fallen konnte. — Ebend. wird gleich darauf bei nullam eminentem effigiem vir-
tutis, sed adumbratam imaginem gloriae die Wegwerfung von virtutis (was nach
Bentlei Viele thaten) mit treffenden, ausführlich dargelegten. Gründen beseitigt.
Die Stelle aus Sallustius, Cat. 12 (nicht 13.): sua parvi pendere, aliena
cupere, pudorem, pudicitiam, divina atque Humana promiscua — habere, von
der der Verf. sagt: in quo etiam Kritzii diligentia vitium praetermisit turpissi-
mum, war dem Ref. (wie es oft Manchem zu gehen pflegt) bisher nicht auf-
gefallen. Jetzt sprang ihm bei dem Anblick der Worte „vitium turpissimum “
gleich in die Augen, ohne dass er des Verfs Erörterung las, es werde wohl
pudorem, im pudicitiam verlangt werden, da Gegensätze vorausgehen und nach-
folgen. Und so fand es sich auch. Wir müssen gestehen, dass uns seine Aus-
einandersetzung sehr überzeugend schien. Wie leicht konnte das vorausgehende
m die Negation absorbiren. Seltsam, dass Havercamp in seiner Ausgabe das
von Gruter und Popma zwischeneingeschobene amicitiam mit den Worten ver-
wirft : contra Sallustii meutern , qui duo continuat opposita, und doch nicht auf
den Gegensatz kam. — Tuscc. I, 38,91: Natura vero sic se habet, ut, quo-
modo initium nobis omnium rerum ortus noster aiferat, sic exitum mors. Ut
nihil pertinuit ad nos ante ortum, sic nihil post mortem pertinebit. Sehr gut
wird nachgewiesen, dass diese beiden so getrennten Sätze gegen Cicero’s Sinn
sind, dass sie aber als Vordersatz mit dem Ausdruck der Bedingtheit, und dazu
gehörigen Nachsatz den besten Sinn geben. Und so (da ohnehin die besten
Handschrr. oben se sic haben) corrigirt der Verf. Natura vero si sic se habet,
ut, quo modo — afferat, sic exitum mors; ut (hier beginnt der Nachsatz) nihil
pertinuit ad nos ante ortum, sic nihil post mortem pertinebit.
Kurze Anzeigen.
er mit Recht Madvig’s Lesart: ut nobis optime naturae vim vidisse vi-
deantur, wofür in den Handschrr. steht optime naturam invidisse, sinnlos: und
wir nach Bentlei’s Verbesserung optimam magistram invidisse gaben. Jene
Verbesserung ist aber nicht von Madvig, .sondern schon 1792 von Nissen, der
wahrscheinlich auch ein Däne war (Curae novissimae in Μ. T. C. Tuscc. Quaestt.
— Altonae. 8. p. 65) gemacht, auch von Tregder aufgenommen worden. —
Ebd. Quum vero accedit eodem, quasi maximus quidam magister, populus.
Aus der Erwägung des Zusammenhanges macht der Verf. es sehr wahrschein-
lich , dass accedit eodem (besonders auch wegen eodem, das keinen rechten
Sinn giebt) verdorben sein möge. Aber wenn er uns nun ansinnt, Quum vero
prodocet quasi — magister populus, das Horazische άπας λεγόμενον, dem
Griechischen προδιδάσζειν nachgebildet aus Epist. I, 1, 56. zu adopliren, so müs-
sen wir dagegen in Cicero’s Namen protestiren. Da läge den Schriftzügen näher
addocet eadern, welches einmal Cicero (Cluent. 37, 104.) und einmal Hora-
tius (Ep. 1,5, 18.) hat, wenn man nicht, da man doch, wegen des kurz vor-
her stehenden Accedunt etiam poetae, das accedit nicht wird behalten wollen,
gar empfehlen will adducit eodem oder advocat eodem. — Ebend. wenn der
Text, nach nihil praestantius hononbus, imperiis, populari gloria judicaverunt,
fortfährt: ad quam fertur optimus quisque, so fordert der Verf. ad quae —,
weil es sich auch auf die honores und imperia beziehen müsse, wogegen wir
vermuthen, Cicero könne mit gloria in weiterm Sinne auch die beiden andern
Dinge umfassen und dies durch ad quam q u i d e m ausgedrückt haben, welches
letztere Wort, wegen Aehnlichkeit der Abbreviaturen beider Wörter, leicht aus-
fallen konnte. — Ebend. wird gleich darauf bei nullam eminentem effigiem vir-
tutis, sed adumbratam imaginem gloriae die Wegwerfung von virtutis (was nach
Bentlei Viele thaten) mit treffenden, ausführlich dargelegten. Gründen beseitigt.
Die Stelle aus Sallustius, Cat. 12 (nicht 13.): sua parvi pendere, aliena
cupere, pudorem, pudicitiam, divina atque Humana promiscua — habere, von
der der Verf. sagt: in quo etiam Kritzii diligentia vitium praetermisit turpissi-
mum, war dem Ref. (wie es oft Manchem zu gehen pflegt) bisher nicht auf-
gefallen. Jetzt sprang ihm bei dem Anblick der Worte „vitium turpissimum “
gleich in die Augen, ohne dass er des Verfs Erörterung las, es werde wohl
pudorem, im pudicitiam verlangt werden, da Gegensätze vorausgehen und nach-
folgen. Und so fand es sich auch. Wir müssen gestehen, dass uns seine Aus-
einandersetzung sehr überzeugend schien. Wie leicht konnte das vorausgehende
m die Negation absorbiren. Seltsam, dass Havercamp in seiner Ausgabe das
von Gruter und Popma zwischeneingeschobene amicitiam mit den Worten ver-
wirft : contra Sallustii meutern , qui duo continuat opposita, und doch nicht auf
den Gegensatz kam. — Tuscc. I, 38,91: Natura vero sic se habet, ut, quo-
modo initium nobis omnium rerum ortus noster aiferat, sic exitum mors. Ut
nihil pertinuit ad nos ante ortum, sic nihil post mortem pertinebit. Sehr gut
wird nachgewiesen, dass diese beiden so getrennten Sätze gegen Cicero’s Sinn
sind, dass sie aber als Vordersatz mit dem Ausdruck der Bedingtheit, und dazu
gehörigen Nachsatz den besten Sinn geben. Und so (da ohnehin die besten
Handschrr. oben se sic haben) corrigirt der Verf. Natura vero si sic se habet,
ut, quo modo — afferat, sic exitum mors; ut (hier beginnt der Nachsatz) nihil
pertinuit ad nos ante ortum, sic nihil post mortem pertinebit.