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Streuber: Basler Taschenbuch»

rohesten Volkszorns, hauptsächlich in der Schweiz, den Niederlanden und
Schottland, durch die Wi e der t ä ufer, die geistlichen Jocob iner,
verwirklicht wurde, dagegen in Sachsen, Thüringen und andern Landen
des Lutherischen Bekenntnisses entweder gar nicht, oder nur schwach
hervortrat. Die Hauptursache davon lag theils in dem weisen Benehmen
der Obrigkeiten, welche zeitig einlenkend nur die anstössigen Bilder, na-
mentlich die hölzernen Figuren, entfernten, theils in dem symbolisch“
poetischen Sinn des grossen Reformators und seiner unmittelbaren
Schüler. Man erkannte die Verflechtung der Kunst in die Religion, des
Aeussern und Innern, und hütete sich daher gegenüber dem Kult vor
leichtfertigem, puritanischem Aufräumen und Zerstören. Auch trennt sich
überhaupt der Nordländer bei zäherem Wesen weniger leicht als der
Südländer von dem, was durch Zeit und Gewöhnung Ansehen und Liebe
gewonnen hat. Ist aber einmal das Eis gebrochen und eine neue Bahn
gewählt worden, so geht es vorwärts; man bleibt fest. — Für die Dar-
stellung des Ziircher’schen Bildersturms hätte der Verf. noch Bernhard
Weiss (in Füssli’s Beiträgen III., 50sqq.) benutzen können. „Also“,
heisst es da, „in diesen Tagen auf Freitag 1524 nahmen die von Stam-
men ihre zwo köstlichen Taffeln, eine in Dorff und eine zu St. Anna,
die war nicht vergölt, sondern so subtil, dass man sie nicht mahlen wollt.
Aber die in Dorff war vergölt und gemahlt, die beyde kosteten wol 300
Gulden, die verbrannten sie beyde auf diesen Freitig mit Paternostern,
und was daran hieng, und wollten nichts verkaufen, Gott zu Lob und
Ehr’, darum, dass sie diese AbgÖtterey unterdrückten“. Die aus Klöstern
und Kirchen hier und da geretteten Bilder liess der Rath in einer beson-
dern Polterkammer einstweilen verschliessen, wo sie dann meistens zu
Grunde gingen (s. Weiss, S. 50). — Am rohesten verfuhr man in Bern,
namentlich gegen die im Vincenzmünster befindlichen Kunstsachen (3528);
selbst die Orgel wurde zerschlagen. Umsonst spielte am Abend des letz-
ten Vincenzfestes der Organist die Melodie: „Ach armer Judas, was hast
Du gethanV“ und verliess dann mit Schmerz die Orgel, welche sofort
zertrümmert wurde. Die köstlichen Burgundischen Teppiche aber wurden
keineswegs, wie II. Fischer meint (S. 9), durchaus vernichtet; man
gebrauchte sie noch in den Dreissigerjahren für die Tagsatzungsfeier und
bestimmt sie vielleicht noch jetzt ähnlichen Festlichkeiten. Noch ärger
ging es in den St. Gallischen Stiftslanden her; die Gotteshausleute leer-
ten, Rorschach voran (1528), ihre Kirchen, verjagten die katholischen
Pfarrer und baten sich vom Rath in Zürich andere Prediger aus, der ihnen
„lauter solche Schwaben zuschickte, welche in Deutschland von ihren
 
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