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Gross: Erinnerungen aus den Kriegsjahren.

Ausdruck einer vorwärts gekehrten Zopfzeit.“ — Der erste Abschnitt
reicht bis zum Jahr 1805, meistens auf Aeusserlichkeiten, z. B. Tracht
des Militärs, gerichtet; der zweite behandelt das Jahr 1806, so weit die
Ereignisse Leipzig berühren, und bringt manches Interessante. So sagte
bereits im Frühling ein geistvoller preussischer Rittmeister von Kanna-
cker, welcher aus Verdruss über den Kamaschengeist seinen Abschied
genommen hatte, den traurigen Ausgang vorher. „Möchte man nicht“,
äusserte er bei dem Anblick der schönen Kastanienallee, „des Teufels
werden, wenn man bedenkt, dass im Herbst die französischen Soldaten
hier herumspazieren werden!“ Ein ähnliches Urtheil fällte bekanntlich der
verabschiedete Militärschriftsteller II. v. Bülow; man hielt seine Weis-
sagung für Narrheit und sperrte den kecken Sprecher ein. Gelegenheit-
lich werden die wirklich abentheuerlichen, an Wallensteins Lager erinnern-
den Schicksale eines sächsischen Weibsbildes geschildert, welches die
halbe Welt als Soldatenfrau durchzieht und zuletzt in Calabrien rastet.
Eine merkwürdige Nachricht betrifft das Isenburgische Regiment,
welches, schon im November aus gewesenen Soldaten des preussischen
Heeres errichtet, an Ziigellossigkeit bei weitem die Franzosen überbot
und einen traurigen Beweis der damaligen, in hohem und untern Re-
gionen schaltenden Gesinnungslosigkeit lieferte. Dafür zeigt auch das
Benehmen der Leipziger Universität. „Letztere“ , heisst es S. 18,
„hatte den unglücklichen Einfall gehabt 0807}, eine Sternkarte ent-
werfen und darauf ein neues Gestirn, benannt Napoleonsgestirn,
einbringen zu lassen, welche sie dem Kaiser überreichen wollte. *) Dieser
entging aber durch frühe Ankunft (^23. Juli) und Abreise allen ihm zu-
*) Die Gelehrsamkeit setzte damals wetteifernd nicht nur in Frank-
reich, sondern auch in Teutschland dem französischen Kaiser Denkmäler
einer an Adoration, προσκύνησις, gränzenden Verehrung. Beinahe alle
Universitäten opferten trotz theilweiser Opposition dem Genius des Jahr-
hunderts, von welchem man die Wiedergeburt des Menschengeschlechts er-
wartete; es galt das in Göttingen, Heidelberg, Würzburg u. s. w. als Mode-
sache und Zeichen eines edlen, freien Geistes. Leipzig stehet durchaus nicht
in dieser Rücksicht vereinzelt da ; es handelt nur geräuschvoller und mit einem
gewissen literarisch zierlichen Aufsehen. Die von dem Verfasser angedeutete
Huldigung, welche Napoleon bei der Rückkehr von Tilsit empfing oder vielmehr,
weil er müde des Schmeichlertrosses rasch durchreiste, empfangen sollte, wird
im Intelligenzblatt der Jenaer Literaturzeitung. 9. VII. S. 590. weitläufig
beschrieben. „Die Universität, heisst es da neben Anderm, hatte sich in Bereit-
schaft gesetzt, dein unsterblichen Helden ihre Ehrfurcht und Dankbarkeit für
den genossenen Schutz darzubringen. Zu dem Ende hatte sie eine lateinische
Elegie (2 Bogen in fol.) verfertigen lassen und die Stiftung eines bleibenden
 
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