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60 Schriften von Colquhoun und Bowyer über röm. Recht in England.
die Geschichte des englischen Rechts lehrt, dass solche Sätze später, mit
Kraft angegriffen, als unverständig nachgewiesen wurden. Die bessere Ansicht
siegte bald und eben der oben angeführte Satz von Lord Coke wurde durch
den grossen Juristen Holt als nicht zu rechtfertigender, und von Fonblan-
que als ein dem Recht aller gebildeten Völker widersprechender erklärt. Es
ist eine irrige Auffassung der Stellung des englischen Richters, wenn man
annimmt, dass er starr an den einmal von dem Gerichte früher ausge-
sprochenen Rechtssatze festhält; darin liegt eben die würdige Stellung
der Richter in England, dass sie immer an die fortschreitenden
Bedürfnisse, Sitten und Zustände sich anschliessen und so das Recht fort-
bilden, durch Ausnahmen eine zu starre Regel mildern, oder den im
Laufe der Zeit selbst unpassend gewordenen Satz nach den Bedürfnissen
modificiren. Gerade in dem grossen Einflüsse, den die obersten Ge-
richte in England auf die Rechtsanwendung haben, liegt ein fester An-
haltspunkt im englischen Recht. Der Mittelpunkt des Rechts liegt in Lon-
don. Die Mitglieder des obersten Gerichtshofs sind es, welche in ganz
England Recht sprechen und fortbilden; die in die Grafschaften reisenden
Richter, genau vertraut mit der Rechtssprechung des obersten Gerichts,
bringen die feste, gleichförmige Rechtsansicht in alle Gerichte Englands; sie
veranlassen, dass in Fällen, in welchen sie die Wichtigkeit eines Rechts-
satzes erkennen und nicht selbst erkennen wollen, die Frage an das
oberste Gericht gebracht und dort entschieden werde ; da in England die
Richter öffentlich abstimmen, so lernt man die Gründe der Richter ken-
nen, und die Kenntniss der Jurisprudenz wird um so mehr verbreitet,
als in England die Reporters sich befinden, welche die Verhandlungen be-
kannt machen, so dass jeder Jurist in beständig lebendiger Kenntniss des
Gangs der Rechtsbildung ist. Die Eigenschaft der Richter des obersten
Gerichtshofs Ql5 Richter) gibt gewisse Bürgschaften für die Gründlich-
keit der Rechtssprechung. Jene Richter sind Männer, die nach einer lan-
gen Schule der Erfahrung, die sie als viel beschäftigte Advokaten durch-
gemacht haben, meist in vorgerückten Jahren, vertraut mit der bisheri-
gen Rechtssprechung in einer Lehre, geleitet von dem eigenthümlich prak-
tischen Sinne, der Engländer bei jeder zur Entscheidung vorliegenden
Frage den einzelnen Fall mit allen seinen Umständen und Bedürfnissen
auffassen, zergliedern und dann den passenden Rechtssatz dafür aufsuchen;
die Abstimmung des Richters ist das Ergebniss einer langen Selbstberathung
und Studiums, bei welchem ebenso dio Natur des vorliegenden Rechts,
die Ansichten, welche in dem Gerichtshöfe sich in der Lehre seit einer
Reihe oft von Jahrzehnten geltend machten , und die Ansichten des rö-
 
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