Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stephens und Catherwood: Ueber Central-Amerika. 175
Die Regierungsform im Lande Maya war wie in Mexico eine theo-
kratisch - aristokratische, und für die Macht der Priester und Grossen
legen die Tempel - Pyramiden und die in ihrer Nähe befindlichen vielen
Gebäude und schönen Paliäste Zeugniss ab. Eine zahlreiche Priestercaste
scheint in Maya und Mexico, wie im alten Aegypten, im Besitze aller
Kenntnisse und Künste gewesen zu sein. Aus der Priesterschaft giengen
wahrscheinlich die Baumeister, Bildhauer, Maler, Feldmesser und Astro-
nomen hervor. Das Volk der Mayas hatte auch auf Rinde oder Pergament
gemalte Bilderschriften, die in Form von Büchern zusammengefaltet wur-
den , welche Amallhes hiessen.
Bei der Aehnlichkeit in den Einrichtungen, Sitten und Gebräuchen
der Mayas, und der ihnen verwandten Völker in Guatemala und Hondu-
ras mit denen der Tolteken und Azteken , welche auf einen frühen Ver-
kehr derselben schliessen lassen, wäre noch die Frage zu erörtern, von
welchem jener Völker die alte Civilisalion der Länder Central-Ame-
rikas ursprünglich ausgegangen ist. Diese Frage lässt sich aber beim
Mangel sicherer historischen Quellen nicht beantworten, doch glaubt sich
Refer. für die Mayas entscheiden zu müssen. Dieses Volk, welches eine
eigene Sprache redet, hatte uniäugbar lange vor Ankunft der Tolteken
in Mittel - Amerika festen Fuss gefasst. Auch stand es, nach der Schön"
heit der alten Bauwerke zu schliessen, auf einer viel höheren Stufe der
Cultur. Yucatan, welches die ersten spanischen Seefahrer für eine Insel
gehalten haben, ist wahrscheinlich die Insel Antilia, welche die Cartha-
ginienser bereits besucht haben sollen. Eine Insel dieses Namens ist be-
reits auf mehreren alten Karlen vor Entdeckung Amerikas verzeichnet,
namentlich auf der fünften Karte des venetianischen Atlas des Andrea
Bianco vom Jahr 1436, sowie auf der Welttafel des Beclario oder Be-
druzio von Parma. Auch findet sie sich auf dem von Martin Beheimb ini
Jahr 1492 gefertigten und in Nürnberg befindlichen Globus. Ferner hat
dieser folgende alte Sage milgetheilt: bei der Eroberung der Iberischen
Halbinsel durch die Araber hätten der Erzbischoff von Porto und sechs
andere Bischöffe mit vielen Einwohnern das Land in Schiffen verlassen
und seien auf einer Insel im Westen gelandet. Beheimb setzt die Aus-
wanderung in das Jahr 734 der christlichen Zeitrechnung, während Fer-
dinand Columbus das Jahr 714 angiebt, in welchem bekanntlich die
Niederlage der Westgothen am Guadalade statt hatte, und der König
Roderich umkam.
Zu Gunsten der Vermuthung, dass lange vor Entdeckung Amerikas
durch Columbus Europäer nach dem neuen Conlinent gelangt sein mögen,
 
Annotationen