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Nr. 31.

HEIDELBERGER

1861.



Grundlegung der Theorie des Variations-Calculs. Von Dr. Aloys
Mayr, Prof, der Mathematik und Astronomie in Würzburg.
Würzburg, Kellner’s Buchhandlung. 1861. (111 S. in 8.)
Die Theorie der Variationsrechnung lässt, trotz der umfang-
reichen Werke, die in letzter Zeit über dieselbe erschienen, noch
Vieles zu wünschen übrig, und man ist bisher gezwungen, sich in
manchen Punkten mit halben Gründen zu behelfen, die durch ihre
häufige Wiederholung zu wirklichen Gründen nicht erhoben werden
konnten. Schon der fortwährende Wechsel der Darstellung, die in
jedem Werke eine andere ist, lässt äusserlich auf einen innern
Mangel schliessen und den Wunsch berechtigt erscheinen, diesen
Zweig der mathematischen Wissenschaften endlich in wirklich gründ-
licher Weise durchgeführt zu wissen.
Die so vielfach ausgesprochene Behauptung, es sei die Varia-
tionsrechnung ein ganz neuer, viel höherer Zweig der Infinitesimal-
Rechnung, als Differential • und Integralrechnung, der also auch ganz
andere Verfahrungsweisen, andere Bezeichnungen u. s. w. erfordere,
hat sicher mit dazu beigetragen, ihre Stellung in der Differential-
und Integralrechnung zu verhüllen und damit auch die richtige
Theorie selbst schwer auffindbar zu machen. Alle Probleme, welche
die Variationsrechnung löst, sind Aufgaben über Maxima und Mi-
nima, und alles Weitere über „Formänderung der Funktionen“
u. s. w. muss wegbleiben, da es die richtige Erkenntniss trübt. Die
zu stellende Aufgabe ist, gewisse Probleme über Maxima und Mi-
nima zu lösen, allerdings etwas verschieden von denen, welche die
gewöhnliche Differentialrechnung löst, aber doch nicht so weit ver-
schieden, dass ganz andere Grundsätze für die Behandlung maass-
gebend werden müssten.
Von dieser Ansicht geht auch die vorliegende Schrift aus,
welche für die Variationsrechnung die richtige Stelle im Gebiete der
höbern Mathematik aufsucht und dadurch einen schätzenswerthen
Beitrag zur Wissenschaft überhaupt leistet. Wenn wir uns nicht
irren, ist der Verfasser vorliegender Schrift auch Verfasser eines
Lehrgebäudes der Differentialrechnung, das vieles Schätzbare enthält,
und also der mathematischen Welt als Schriftsteller über die Me-
thode der Wissenschaft bekannt. Liegt es nun in unserer persön-
lichen Anschauungsweise oder in der Darstellung des Verfassers:
sie ist uns immer verworren erschienen und wir haben auch in der
vorliegenden Schrift Mühe gehabt, den leitenden Gedanken heraus-
zufinden. Da uns aber Gedanken vorhanden zu sein scheinen, wollen
wir versuchen, dem Leser dieselben in der Weise darzustellen, wie
LIV, Jahrg. 7. Heft. 31
 
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