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Nr. 52. HEIDELBERGER 1861.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Huber: Scotus Erigena.

(Schluss.)
Erigena kann darum weder in der Form, noch in den Ideen
in eine Reihe mit den Scholastikern des Mittelalters gestellt werden.
Seine Mystik hat einen vorherrschend metaphysischen Charakter und
kann darum auch nicht mit den späteren Mystikern zusammenge-
worfen werden. Dabei entlehnt er auch von Augustinus Ideen,
die dieser aus griechischen Quellen schöpfte. Mit Genialität suchte
er, wenn auch die Elemente seiner Lehre aus früheren Quellen ge-
schöpft sind, der Origenes des Abendlandes, die Vermittlung des
Christenthums und der neuplatonischen Philosophie in seinem so
viele freimüthige und merkwürdige Begriffsentwicklungen enthalten-
den Systeme zu Stande zu bringen. Später wurde Erigena von
Gerbert im zehnten Jahrhunderte, im Berengar’schen Streite
des eilften Jahrhunderts, von Wilhelm von Malmesbury, von
Hugo und Richard von St. Victor im zwölften Jahrhunderte,
von Vincenz von Beauvais im dreizehnten Jahrhunderte er-
wähnt. Da der freimüthige Lehrer der Theologie zu Paris, Amal-
rich von Bena (gestorben zwischen 1205 und 1207) von einer
Synode in Paris noch nach seinem Tode verflucht wurde und sich
in seiner Lehre »ach dem Zeugniss des Kardinals Heinrich von
Ostia an Erigena’s Werk de divisione naturae angeschlossen
hatte, wurde auch der letztere verdammt. Endlich wurde das
geistvolle Buch des Erigena durch eine Bulle Honorius’ III.
(23. Februar 1225) verurtheilt. Der Papst klagt über die „Wür-
mer der ketzerischen Bosheit“ in diesem Buche, befiehlt die Ver-
brennung desselben, wo man es finde, und spricht über diejenigen,
welche es zurückhalten, die Exkommunikation und das Merkmal
ketzerischer Bosheit aus. Als das Buch, lange Zeit vergessen, von
Thomas Gale 1681 herausgegeben war, erfolgte schon am 3.
April 1685 die Aufnahme desselben in den index librorum prohi-
bitorum.
Ein kleiner Nachtrag weist (S. 441 und 442) auf eine dem
Hrn. Verfasser von Prof. Prantl in München mitgetheilte Schrift
Haureaus, commentaire de Jean Scot Erigene par Mar-
tianus Capella, hin.
Möge uns der gelehrte Herr Verfasser recht bald wieder mit
ähnlichen trefflichen Forschungen aus dem Gebiete der bisher so
wenig oder nur von Theologen berücksichtigten Geschichte der Phi-
LIV, Jahrg. 11. Heft. 52
 
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