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Nr. 32. HEIDELBERGER 1861.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Chalybäus: Entwicklung der speculativen Philosophie.

(Schluss.)
Indessen sind wir weit entfernt, der rein doctrinellen Auffas-
sung und Abschliessung der neueren Philosophie, wde sie uns von
Chalybäus geboten wird, unsere Anerkennung vorzuenthalten. Seine
Entwicklung der speculativen Philosophie von Kant
bis Hegel enthält eine Darstellung der philosophischen Lehren in
in ihrer streng methodischen Abfolge, und zwar der eigentlichen
Grundlehren in den Hauptsystemen, mit Ausschluss der
weiteren Fortbildung derselben in den daraus entstandenen Schulen.
Diese Beschränkung der Aufgabe, wonach was in den obersten Re-
gionen der philosophischen Thätigkeit geschaffen ist, in seinen
Grundzügen herausgehoben und in einfachen Gruppen zusammenge-
stellt wird, trägt zur Ueberschaulichkeit des geschichtlichen Stoffes
bei; die speculativen Standpunkte und Principien der Denker, eines
Kant, Herbart, Fichte, Schelling, Hegel, werden in den allgemeinsten
Theilen ihrer Systeme nachgewiesen, so dass die Aneinanderreihung
dieser grossen Lehrgebäude, ihre Trennungen und wechselseitigen
Ergänzungen in deutlichen Umrissen erscheinen.
Die Beschränkung der Darstellung auf die grundlegenden Theile
der Systeme hat indess auch ihre Schattenseite. Ein symmetrisches
Bild der Lehrentwicklung wird damit nicht gewonnen, aus den me-
taphysischen Unterbauen allein, wie ausführlich auch deren Con-
struction offengelegt wird, kann der Umfang, das Gleichgewicht
und der Lebenswerth einer Lehre noch nicht hinlänglich angeschaut
werden. Auch darf man nicht übersehen, dass die Grundlehren
selbst erst durch ihre Ausführung in den besondern Theilen ihre
volle Klarheit und eigenthiimliche Gestalt annehmen. An den Früchten
zeigt sich die Natur der Aussaat. Der Verfasser hat zwar einzelne
Einblicke in die innere Durchgliederung der Systemtheile sich ge-
stattet, aber bei wreitem nicht in solcher Tiefe, um das wissenschaft-
liche und praktische Gewicht derselben schätzen zu lernen, nicht
einmal soweit, um die Auseinandersetzung selbst ansprechend zu
machen, denn die unbelebte Weite langgestreckter Allgemeinheiten
dehnt sich mühselig durch das Buch hin.
Die soeben gemachte Ausstellung betrifft vielmehr den Plan,
als die Ausführung der Arbeit. Das eigenthiimliche Verdienst der-
selben unterschätzen wir keineswegs, es besteht in der sorgsamen
Erörterung der Principien, zumeist von Kant, Herbart, Fichte,
LIV. Jahrg. 7. Heft. 32
 
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