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Kirchenrecht von Phillips und Schulte.

jetzt die geschichtlichen Erörterungen im canonischen Rechte zur
Bedeutung kommen, namentlich die des Decrets von Gratian. Der
λ erfasset dieser Zeilen hat eine noch nicht gedruckte Arbeit über die
Exegese dieser Zusammenstellung gefertigt mit Rücksicht auf die dicta
und glossae, und sehr gute Nachweisungen hat, M a a s e n geliefert.
Endlich können wir nicht verhehlen, dass die meisten Canonisten,
wenn sie auch das Recht aller Confessionen in Betracht zogen,
viel zu wenig Rücksicht genommen haben auf das griechische und
griechisch-slavische Kirchenrecht, welches selbst die besten Zeug-
nisse liefert zur Kirchenrechtsgeschichte. Namentlich hat Walter
nur äussere Organisationen berührt: keineswegs auf die Liturgie und
den Gesammtgottesdienst geachtet, die aber Nichts sind als die
wahren Symbole der christlichen Dogmen, und die mit der occiden-
talisch-katholischen Kirche gänzlich übereinstimmen.
Damit haben wir nur in Kürze andeuten wollen, dass in der
Darstellung der kirchlichen Ordnung nach den Grundsätzen des
canonischen Rechts, und in der Verflechtung der Kirchengeschichte
mit dem Kirchenrechte noch sehr viel zu leisten ist.
Nunmehr wollen wir ein paar Worte sprechen über die zwei
neuesten Werke von Phillips und Schulte.
Vor Allem ist darauf zu achten, dass man bei der Darstellung
des Kirchenrechts sich sehr hüten muss vor dem nationalen Stand-
punkt. Von diesem Fehler sind die gedachten beiden Schriftsteller
nicht frei. Sie konnten einsehen, dass die griechisch-slavische
Kirche dem Nationellen verfallen ist, da sie sich auf den Primat
nicht eingelassen hat, und dass sie dadurch ihren Formen unter-
liegt, und keine Bedeutung hat für die geistige Fortbildung der
Menschengeschichte. Wenn nun auch die protestantischen Ansichten
— nationell genannt werden müssen, so ist hier der Standpunkt
der modernen Philosophie, die sich den katholischen Bestrebungen
gegenüber, und sicher auch genährt von diesen und ihrer Ge-
schichte oben erhält. Es ist wieder der Germanismus, dem unsere
auch katholischen Schriftsteller folgen, wenn auch nur in unwesent-
lichen Dingen, z. B. den Sendgerichten, dem Patronat, worüber wir
noch sprechen werden: und namentlich geschieht hier, dass, wäh-
rend das canonische 'Recht offenbar dem römischen Weltrecht sich
anschliesst und dadurch verbunden mit kirchlichen Principien einen
höheren Geist entwickelt — den canonischen—dieser oft zurück-
tritt gegen germanische nationclle Ansichten. Ihm entgegen nennt
Augustinus sein Kirchenrecht Gottesstaat (civitatem Dei). Man denke
nur an die Fortbildung des römischen Weltrechts, im Prozess durch
das canonische Recht, wodurch gleichsam die Geschichte des römischen
Rechts durch das canonische erst vollendet wurde. Und gerade
diese Dinge, das zweite Buch der Decretalen schliesst man in den
neuesten kirchenrechtlichcn Lehrbüchern aus. Obgleich Phillips
sein Lehrbuch sehr vertheuert hat durch die Chrestomathie der
Stellen, so ist eben darin nicht die umfassende Richtung des cano-
 
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