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Kr. 14.

HEIDELBERGER

1863.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Weigand, Gust. Dr. en phil., Oberlehrer ctc. Tratte de Versiftcation
fran^aise. Bromberg, Levit, 1862. IV u. 27d 8.
Der Verfasser des vorstehenden Buches über französiche Vers-
lehre ist ein Deutscher, dessen Absicht war, den Tratte de versi-
fication fran^aise par Quicherat (Paris 1850) durch verbesserte An-
ordnung im Einzelnen, durch Erweiterung der Regeln über die
Stellung des tonischen Accents, durch Aufnahme der Regeln über
die Poesie der Romantiker (8. 112), und endlich durch Ausführung
der Citate zu vervollständigen. Was sein Verhältniss zu Quicherat
betrifft, so sind Begriffsbestimmungen, Regeln und historische Be-
merkungen zum grossen Theil demselben entlehnt. Er selbst be-
kennt dieses, und entschuldigt sich dieserhalb in der Pre'face mit
der Bemerkung, er hätte, da er gewagt habe, seinen Gegenstand
französisch zu behandeln, es so für einfacher gehalten.
Als Deutscher französisch schreiben, muss, soll eine Arbeit
nicht einer üebersetzungsübung gleichgeachtet werden, einen trifti-
gen Grund haben, und dieser wird natürlich zunächst nur der sein
können, das Buch könne so in Frankreich besser zur Geltung
kommen, was um so leichter dann der Fall ist, wenn die Fran-
zosen bei dem Inhalt interessirt sind, wie z. B. bei dem obigen
Buche. Der Inhalt des Weigand’schen Buches ist überdies philo-
logischer Natur, und würde es den Franzosen, die hinter den
Deutschen in Bezug auf wissenschaftliche Methode in den histori-
schen Disciplinen (Geschichte, Philologie u. s. w.) noch mehr als
ein Jahrhundert zurück sind, nicht schaden, wenn das Buch so
geartet wäre, dass sie daraus lernen könnten.
Wir wollen in Bezug auf letzten Punkt und bevor wir auf
den Stil des Verfassers zu reden kommen, nunmehr den Inhalt des
Buches und die Behandlung des Stoffes prüfen.
Er untersucht das Wesen der Poesie, findet es im Rhythmus,
und behauptet, dass die französischen Verse einen Rhythmus haben
d. h. aus einer durch Regeln bestimmten Reihe von
Ruhepunkten besteht, die durch dieStimme bezeichnet
werden. Hiermit weiss er sich und setzt er sich in Gegensatz
zu den Theoretikern, welche das \;orhandensein von Rhythmus in
der französischen Poesie leugnen, und das Wesen der letzteren in
einer bestimmt begrenzten und regelmässigen Anzahl von Silben,
in der Vermeidung des Hiatus und der Verknüpfung, in der Beob-
achtung der Cäsur und des Reimes finden. Er prüft den Stand-
punkt früherer Theoretiker (Scoppa’s, Ackermann’s, Quicherat’s und
LVI. Jahrg. 3, Heft. 14
 
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