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Κτ. 15, HEIDELBERGER 1863.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Weigand: Tratte de Versification fran^aise.

(Schluss.)
Wir müssen auf einen, wenigstens in relativem Sinne, abge-
schlossenen Boden, und bei einem bestimmten Jahrhundert der
Sprache stehen bleiben, bei einem Jahrhundert, welches durch seine
Form dem wissenschaftlichen Streben die besten Anhaltspunkte
gibt, und welches soweit hinter uns liegt, dass von Seiten der Lektüre,
eine Ansteckung durch Ideen, wie sie die religiösen, ethischen, und
politischen Zerrbilder in unseren Tagescoterien repräsentiren, nicht
zu befürchten ist. Damit wir Französisch lehren und lernen, be-
dürfen wir der Erzeugnisse der letzten Jahrhunderte
nicht, und es kann nicht zum Maasstabe noch zur Nachachtung
dienen, was von den Flerrn Chrestomathie-Verfassern empfohlen
wird, die französische Sprache bis auf die letzten Tage herab in
diese Sammelopera aufzunehmen, Die neuesten Erzeugnisse finden,
falls nicht sittliche Verwarnungen dagegen sprechen, als häusliche
Lektüre immer noch Leser, so dass die moderne Wissenschaft nicht
ohne Kenntnissnahme an der Jugend vorübergeht. Der öffentliche
Unterricht in der Classe ist ganz auf eine Form, die sein Ideal
sein muss, zu beschränken, weil die formale Bildung der Zweck
ist, um dessentwillen Schulen gegründet, und wodurch die jugend-
lichen Anlagen in eine geordnete Bahn gewiesen werden. Es be-
darf, so urtheile ich zusammenfassend, in Ansehung des Französi-
schen, zur formellen Bildung durchaus nicht der Kenntnissnahme
der Schriftsteller neuester Zeit, sondern ausreichend sind hie-
für die Schriftsteller des siebenzehntenJahrhunderts,
weil es damals noch eine absolut nationale Entwicklung gab,
und allenfalls, wo dieses die Stilart empfehlen sollte, des einen oder
des anderen aus dem achtzehnten. Wir haben hier, wie in einen
Rahmen, die λ orbilder eingefasst, denen man nachrühmen darf, dass
sie ialiter qualitcr in der formellen Behandlung eine den Alten
ebenbürtige classische Maasshaltung vertreten, was eben eine Folge
davon ist, dass die Nüchternheit der Alten in den Anschauungen
derselben durchbricht. Die Gründe, welche dieser Befürwortung zur
v oraussetzung dienen, dürfen jedem Fachgenossen einleuchten, und
zugleich davor bewahren, was man bei der Handhabung einer
modernen Sprache gewöhnlich mit einem bedeutenden Accent be-
legt, dass der Unterricht darin für die Jugend nothwendig die
LVI. Jahrg. 3. Heft. 15
 
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