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Weigand: Traitö de Versification fran§aise.

Forderung zu befriedigen habe, die Fertigkeit in der Conversation
zu erzielen. Dieses könnte für den Fall durchaus zu billigen sein,
dass man den Classenunterricht für irgend einen gesellschaftlichen
Erwerbszweig ausbeutet, etwa für die Heranbildung von Kellnern,
Lohndienern, Kaufleuten, Touristen, was aber im Ernste nicht in
dem Zwecke desselben liegt. Der Classenunterricht will sich auf
die Theorie beschränken, und macht die Fertigkeit in der Conver-
sation von den Gelegenheiten abhängig, die hierüber zu entschei-
den haben, nämlich von dem Umgänge mit Ausländern, und sollte
nicht mehi· zu leisten brauchen, als derClassenunter-
richt im Lateinischen. Dieses ins Auge zu fassen, ist die
Obliegenheit des Pädagogen, der, wenn er die Wohlthaten einer
formellen Bildung zu schätzen weiss, nicht wird ermangeln können,
diesen Vorschlägen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, die für
seine Berufssphäre von enormen, und umgestaltenden Folgen sein
müssen.
Indem allein auf diesem Wege dem Französischen diejenige
Bedeutung vindicirt wird, welche dasselbe für den Historiker und
Pädagogen haben muss, deswegen möchte der methodische
Unterricht darin am besten in der Weise gedeihen, dass das sprach-
liche Material aus der Vergangenheit genommen wird, indem nur
so die Jugend vor den Einflüssen bewahrt bleibt, die sie willenlos
in einen tosenden Strudel von Meinungen hinabreissen würden,
und vor denen, da es ihr an Steuer und Ruder gebricht, keine
Rettung wäre.
Betreten wir nicht diesen Weg in der pädagogischen Thätig-
keit, so wird das Französische im Besonderen den Weg der Dul-
dung nach wie vor gehen, wenigstens in den Gymnasien und Real-
schulen, und die begeistertsten Schulreden hiefür werden Nichts
zur Hebung des Interesses beitragen.
Wenn aber das Bisherige als richtig zugestanden wird, so
fragt es sich weiter, wie ist eine Behandlung des Französischen
in dem angedeuteten Sinne erreichbar? Da wir nicht auf halbem
Wege stehen bleiben dürfen, soll das Werk ganz gedeihen, so
haben wir, ausgehend von der Motion, es bedürfe für den Classen-
unterricht einer abgegrenzten Sphäre von Idee und Form, hierauf
folgende Antwort bereit: „Man wird zunächst die französische
Grammatik des siebenzehnten Jahrhunderts aus ihren Schriftstellern
studiren, und wissenschaftlich bearbeiten müssen, und daran eine
ebenso wissenschaftlich ermittelte Synomynik und Stilistik sich an-
schliessen lassen. Haben wir über den Mangel an diesen und
anderen Hülfsmitteln des Französischen zu klagen, so gereicht es
uns zu um so grösserer Befriedigung, eine Arbeit wie die von
Dr. Weigand nahmhaft machen zu können, welche zeigt, wie das
Französische nach Maassgabe derjenigen Periode, welche für
„klassisch“ erklärt worden ist, fähig ist, eine wissenschaftliche Be-
rücksichtigung zu erlangen, die ihm vom historischen Standpunkte
 
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