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Br. 5. ' HEIDELBERGER 1863.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Housse: Die Faustsage.

(Schluss.)
Schon im Vorworte wird von dem Herrn Verf. sein neuer
(mittelalterlicher) Standpunkt angekündet. Ei* findet nämlich in
dem Göthe’schen Faust, überweichen er seit mehreren Jahren
Vorlesungen im Athenäum hält, eine „Apotheose des von aller Au-
torität sich emancipirenden, im Pantheismus gipfelnden Rationalis-
mus“, in der Faustsage dagegen „eine Verherrlichung des alt-
katholischen Glaubens“ und beklagt die „Umkehrnng“ dieses Ge-
dankens durch den Dichter. Er seufzt darüber, dass dieser „reli-
giöse Standpunkt des Dichters“ in der „herrschenden Zeitrichtung
wurzelt.“ Er tadelt es entschieden, dass die „moderne Auf-
klärung“ in Göthe’s Faust “gewissermassen das Evangelium der
neuen Humanitätsreligion“ erblickt, dass man diese Dichtung „als
die Quintessenz aller göttlichen und menschlichen Weisheit be-
grüsst und anpreist.“
Der Hr. Verf. wollte nun anfangs das „Göthe’sche Drama“
mit der alten Sage von Faust zusammenstellen und beide vom
„positiv christlichen Gesichtspunkte“ vergleichen. Allein ein „tie-
feres Eindringen in die ältesten Quellen der Faustgeschichte“
brachte ihn in kurzer Zeit zu der Ueberzeugung, „dass man es
hier nicht allein mit einer blossen Sage, sondern mit einem histo-
sischen Ereignisse zu thun habe, dass man die Faustge-
schichte seines Erachtens deshalb als blosses Volksmärchen be-
handelte, weil man bei der neuen Zeitrichtung an das wunderbare
oder vielmehr dämonische Element im Leben des weltberühmten
Zauberers nicht mehr glauben mochte“ (S. 4).
Der Hr. Verf. will darum in seiner vorliegenden Arbeit „der
rationalistischen Zeitströmung gegenüber“ die „Möglichkeit
dä monischer Ein Wirkungen auf die Natur und Menschen-
w e 1t“ nacliAveisen, die historischen Zeugnisse über Faust
untersuchen und aus denselben die W ir kl i c hk ei t d e r Z a ube r -
Wirkungen in Faust’s Leben darthun. Es soll dieser Be-
weis einen neuen Nagel zum Sarge des Rationalismus liefern.
In der Einleitung werden diejenigen bekämpft, wmlche die
Faustsage aus frühem Sagen entstehen lassen, eben so auch die-
jenigen, welche „in dem Teufel christlicher Sagen einen altgerma-
nischen Gott, Riesen, Elb oder Kobold wittern.“ „Dass manche
Elemente der Faustgeschichte, heisst es S. 9 , sich in den Legen-
den und Zaubersagen früherer Zeiten wieder finden, berechtigt nicht
LVI. Jahrg. 1. Heft. 5
 
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