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Housse: Die Faustsage.

immer zu der Annahme, dass sie ältern Sagen entlehnt seien, da
die religiösen Anschauungen und historischen Thatsachen eines
Jahrhunderts sich auch in einem spätem wiederholen können.“
Allerdings wäre dieses möglich, wenn es sich nur um „manche
Elemente“ der Faustgeschichte handelte; aber fast alle angeblichen
Zauberthaten und Lebensereignisse, welche dem Faust im ältesten
Volksbuche von 1587 und in allen spätem Bearbeitungen desselben
im sechszehnten, siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderte beige-
legt werden, werden ganz in derselben Weise schon vor Faust und
von andern mittelalterlichen Zauberern oder angeblichen Teufels-
bündnern, wie Theo philus von Ada, dem Militär ins, Ger-
ber t (Silvester II), Merlin, Ärirgilius, Robert von der
Normandie, Albert, dem Grossen, Johannes T eut ο n i-
cus, Domherren zu Halberstadt, dem Böhmen Zyto, Fleinrich
Cornelius Agrippa von Nettesheim, dem Abt Triten-
heim, dem Polen Twardowski, Johannes Wildfeuer und
vielen andern erzählt. Ja, nicht nur die Thatsachen dieser an-
geblichen Zauberer, sondern selbst die wörtlichen Erzählungen über
dieselben sind, wie z. B. aus Augustin Lerch eimer: „Beden-
ken von christlicher Zauberei“, in das Faustbuch übergegangen.
Es wird also wohl kaum „Falschmünzerei“ genannt werden können,
wenn man alle die von Zauberern des Mittelalters erzählten so ge-
nannten Thatsachen im Faustbuche wieder findet und dadurch zur
Behauptung kommt, dass die Faustsage die Sammelsage der mittel-
alterlichen Zaubersagen sei. „Analoge Thatsachen“, worauf sich
dei’ Herr Verfasser beruft, können wohl in spätem Zeiten in der
Geschichte wiederkehren. Aber hier handelt es sich um dieselben,
oft sogar wörtlich gleich erzählten Possen, Schwänke, Taschen-
spielerkünste u. s. w. anderer Zauberer, welche in der Faustsage
wieder vorkommen. Man soll, worauf S. 9 gedrungen wird, nicht
in dem Teufel der christlichen Sage einen altgermanischen Gott
u. s. w. nachweisen wollen. Der Herr Verf. meint, allen „zu allen
Zeiten wiederkehrendon Sagenstoffen“ liege „eine reale, bis an die
Wiege des Menschengeschlechtes hinaufreichende Wahrheit zu
Grunde.“ Als „diese Grundwahrheit“ erkenut er „die Wirklichkeit
böser Dämonen und deren Herübergreifen in die Geschichte der
Menschheit.“ Zu diesem Zwecke untersucht er die Faustsage.
Wenn er auch nicht alle Details der Sage als „geschicht-
liche Wahrheit“ vindiciren will, so nimmt er für diese doch eine
„viel breitere historische Grundlage“ an, als „ihr heutigen Tages
zugestanden wird.“
Sehen wir zu, wie die Wirklichkeit der bösen Dämone und
ihrer Einwirkung auf die Natur und Menschenwelt „diese breitere
historische Grundlage“ nach dem Herrn Verf. gewinnt.
Zuerst wird die Sage nach der ersten und den späteren
Ausgaben des Volksbuches in Kürze erzählt. Er betrachtet sie
als eine „klar durchdachte, zusammenhängende Schöpfung, der man
 
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