Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Housse: Die Faustsage.

67

zum Allerwenigsten den poetischen Werth und die christliche Ten-
denz nicht absprechen kann“ (S. 15). „Einige unbedeutende Stel-
len, welche auf die Gestaltung der Sage ohne Einfluss geblieben,
lassen sich als Zuthat des protestantischen Verfassers erkennen.“
Ihrer „Grundidee“ nach ist die Sage gewiss „mehr katholisch, als
protestantisch “ Erst von spätem Bearbeitern wurde sie „zu ein-
seitig confessionellen und kritischen Absichten ausgebeutet.“ Erst
in der G. R. Widman’schen Fausthistorie (1599) wird „das Ten-
dentiöse“ gegen den Katholicismus in der Sage gefunden.
Die Sage soll eine „klar durchdachte“ und „zusammenhängende
Schöpfung“ sein. Ref. will einige Beispiele von diesem „klaren
Durchdenken“ liefern. Als „Regimenter der Hölle“ werden im älte-
sten Faustbuche unter Anderm Barathrum, Styx und Acheron er-
wähnt und die im „Acheron regierenden Teufel“ Phlcgeton ge-
nannt. Der „Lucifer“ herrscht im „Orient“, der „Beelzebub“ im
„Norden“, der „Belial“ im „Süden“ und „Astaroth“ im „Westen“.
Faust fährt in einem Zauberwagen „47 Meilen“ in die Höhe der
Luft und kann noch ganz deutlich „Pommern, Reussen und Preussen“
unterscheiden. „Sicilien, Polen und Dänemark“ sind neben einander.
Die Erde erscheint ihm dabei ungeachtet dieser Unterscheidung
„nicht einer Spanne lang.“ In dieser Vogelperspective sah er „Kon-
stantinopel“, als „wenn kaum drei Häuser da wären“; so sieht er
auch das „Paradies“, und an seinem Eingang den „Engel mit dem
flammenden Schwert.“ „Strassburg“ hat seinen Namen von seinen
„vielen Strassen“, „Basel“, weil dort einst ein „Basilisk“ wohnte,
„Nürnberg“ vom Kaiser Nero. Der „Caucasus“ wird die „höchste
Insel“ genannt.
Ref. kann nicht einsehen, wie die Sage mehr „katholisch, als
protestantisch“ sein soll. Dass uns dieselbe das Bündniss eines
Zauberers mit dem Teufel erzählt und mit der Höllenfahrt des
Bündners schliesst, entspricht durchaus den dogmatischen Vorstel-
lungen der katholischen und protestantischen Anschauung der Zeit.
Wohl aber findet sich ein antirömischer Charakter in der Sage,
der nicht auf späteren Zusätzen beruht, sondern sich nicht nur schon
in der ersten Ausgabe des Volksbuches von Faust und in allen
gleichzeitigen und spätern Ausgaben findet, sondern auch durch die
verschiedensten Theile des Sagenstoffes hindurchgeht und auch in
allen spätern Redactionen, selbst, wie bei Widman, in noch schär-
ferer Gestalt erscheint. Papst, Ablass, Messe, Fegefeuer, Fürbitte
für die Verstorbenen werden bei Faust’s Aufenthalt in Rom im
ältesten Ä'olksbuche zum Gegenstände des Spottes gemacht. Wenn
Faust etwas Verbrecherisches verübt, tritt er „im Ornat und Zierde
eines Bapsts“ auf. Faust wird die Ehe verboten, „da es ohne das
der München und Nonnen Art ist, sich nit zu verehlichen, son-
dern verbieten vielmehr dieselbige (Ehe); also auch Dr. Fausti
Münch (der Teufel erscheint in allen Formen der Sage von An-
fang an als Mönch) trieb ihn stetigs davon ab.“ In Köln heisst es
 
Annotationen