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Kr. 24. HEIDELBERGER 1863.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR

Zur Charakteristik von Wessenberg.

(Schluss.)
In der ersten Abhandlung wird nachgewiesen, dass die meisten
Stellen dieser Artikel aus dem bekannten Werke: Johann Huss
und das Concil zu Costnitz nach E. de Bonnechose,
Leipzig, 1848, abgeschrieben und nur einige „fade Bemerkungen über
Katholicismus und Glauben eingestreut“ sind. In schlagender Weise
werden das Bonnechose’sche Buch und die sich darauf beziehenden Arti-
tikel des ungenannten Verfassers in der Konstanzer Zeitung wider-
legt. Von der ersten Abhandlung, welche ihrer äussern Veran-
lassung wegen mehr die Gestalt einer beurth eilen den Anzeige hat,
geht der Herr Verf. zur selbstständigen Entwickelung seines Gegen-
standes in der zweiten Abhandlung über. Das Wesen des römi-
schen Katholicismus wird S. 79 also bestimmt: „Die römisch-
katholische Kirche hat eine Verfassungsform, die von einem aus-
erwählten heiligen Stand' (Klerus) gebildet ist, der, in unmittelbare
X'erbindung mit Gott gesetzt, die von Christus verkündigte Lehre
in der allein giltigen Form fortpflanzt und zum Bewusstsein bringt.
Diese Ä’erfassung, in scharf gesonderten Unterschieden auftretend,
die durch einen Centralpunkt in der Person des Papstes, der als
unmittelbarer Nachfolger Petri seinen Sitz in Rom hat, in Einheit
verbunden sind, heisst die römische Hierarchie.“ Der Romanismus
ist die „patriarchalische Weltanschauung des Mittelalters“ (S. 84)
und im „direkten Gegensatz gegen unser- modernes Bewusstsein.“
Im (römischen) Katholicismus ist das ganze Wesen der „Religion
auf Unselbstständigkeit, in der jetzigen Zeit auf Selbstständigkeit
und Freiheit des Subjekts gegründet; dort beruht es auf Aeusser-
lichkeit, hier auf Innerlichkeit; dort auf Objectivität, hiei’ aufSub-
jectivität; dort auf Glauben, hier auf Wissen“ (S. 84). Der folge-
richtige Romanismus tadelt selbt die Absetzung des berüchtigten
Papstes Johannes XXIII. auf der allgemeinen Kirchenversamm-
lung zu Konstanz, weil nach der Lehre jenes Systems die Kirche
ohne den Papst nichts thun kann, ohne ihn keine Kirche ist und
ihn daher auch nicht absetzen kann (S. 94). Mit dem Satze, dass
die Kirche über dem Papste stehe, entwickelten sich zwei Parteien
in der katholischen Kirche, die Partei des Papalsystems und die
der Episkopalen. Die „Repräsentanten des Papalsystems sind die
Jesuiten, die des episkopalen die gallikanische und deutsche Kirche“
(S. 96), Der „Jesuitismus ist auf keinen Ort beschränkt, seine
LVL Jahrg. 5, Heft. 24
 
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