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Holland: Geschichte der Dichtkunst in Bayern.

mit welchen, bei der Kostbarkeit des Materials, die schriftliche Auf-
zeichnung verknüpft war: wesshalb der Verfasser diesem Gegen-
stände eine näher eingehende Erörterung gewidmet hat. Die Klöster,
als die einzigen Bildungsstätten jener Zeit, waren daher auch die
einzigen Träger dieser lateinischen Kunstpoesie; in Bayern ragt hier
vor Allem Tegernsee hervor, wo Poesie wie Kunst frühzeitig
Aufnahme fand. Neben Froumond, dessen Ruodlieb hier einer aus-
führlichen Betrachtung unterworfen ist, treten Metellus, der seine
Bucolica Quirinalia Virgil’s Eclogen nachbildete und eben so in
seinen Gedichten auf de.i hl. Quirinus die Horazischen Oden heran-
zog, und andere Dichter hervor, über welche der erste Abschnitt
dieses ersten Buches sich verbreitet. Es folgen dann volkstüm-
liche Epen, in der Sprache des Volks gedichtet: eine besondere
Erörterung ist hier den Nibelungen gewidmet (S. 100 ff.); daran'
schliesst sich die ritterliche Kunstepik. Wolfram von Eschenbach,
sein Parcival und Titurel, so wie die Sage vom Gral werden aus-
führlich besprochen, und erscheint dieser allerdings anziehende
Gegenstand mit besonderer Vorliebe behandelt; was weiter in die-
sem Gebiete der Poesie noch in Betracht kommt, die Pleiligensage,
die Legenden wie das Lehrgedicht und die Reimchroniken, ent-
behrt nicht der gleichen Behandlung.
Auch im Gebiete der lyrischen Poesie, welcher, wie oben be-
merkt, das zweite Buch gewidmet ist, haben wir es zuerst mit der
lateinischen Hymnenpoesie zu tliun, die in den Klöstern und Stiften
sorgfältig gepflegt und mit dem nicht minder gepflegten Kirchen-
gesang in Verbindung gebracht, nicht Weniges aufzuweisen hat,
was der Verfasser im Einzelnen hier aufführt: aber er zeigt auch,
wie schon frühe neben dieser lateinischen Poesie das deutsche
Lied sich erhob, — das älteste Lied dieser Art auf den heiligen
Petrus stammt aus dem neunten Jahrhundert — wie namentlich im
zwölften Jahrhundert sich ein Aufschwung in dieser religiösen
Lyrik zeigt, der im dreizehnten Jahrhundert schon solche Ausdeh-
nung gewonnen, dass nur wenige Spuren lateiniseher Hymnen
(S. 413) vorkommen. So ist die Ausbreitung des deutschen Kir-
chenliedes auch vor den Zeiten des sechszehnten Jahrhunderts durch
eine Reihe von Zeugnissen nachzuweisen. Selbst bei dem Minne-
sang stossen wir in der ersten Zeit auf lateinische Versuche, die
aber bald dem Volksidiom weichen mussten: eine umfassende Er-
örterung ist auch diesem Abschnitte, so wie dem Volksliede selbst
zu Theil geworden.
Das dritte, der dramatischen Dichtung gewidmete Buch zeigt
die Entwicklung des kirchlichen Drama’s und den später erfolgten
Uebergang zum weltlichen Schauspiel (S. 604—654) in den ein-
zelnen hierher gehörigen Erscheinungen, die mit gleicher Sorgfalt,
wie in den andern Theilen des Werkes behandelt worden. Die
äussere Ausstattung ist sehr zufriedenstellend.
 
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