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822

Demosthenes Oratt. rec. Voemel.

wird auf diesei· Grundlage fortbauen müssen. Wer nun erwägt,
welche Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte die Textesge-
stalt dadurch erlitt, dass die Schreibung des demosthenischen Zeit-
alters sich in den späteren Abschriften mehr und mehr verlor und
in die jeweils übliche, also die des späteren Hellenismus oder so-
gar in die den Kopisten selbst geläufige Schreibweise überging,
wobei die jeder Zeit zukommenden Eigenthümlichkeiten in Flexion,
Wortstellung, Abkürzung, Aussprache u. a. in Betracht kommen
müssen, der wird den Werth eines möglichst rein hergestellten
ursprünglichen Textes schätzen, und die Summe rastloser Arbeit
und Mühen ermessen, wodurch der Herausgeber sein Ziel zu er-
reichen strebte.
Die kritische Ausrüstung, mit welcher Voemel an diese Recen-
sion gegangen, ist noch bedeutender als die zu den contiones ver-
arbeitete. Nicht nur sind zu den Einleitungen des Libanius zahl-
reiche Handschriften (24 zu de corona, 14 zu de f. legat.) benutzt,
sondern der Text der Rede von der Krone stützt sich auf 50, der
de falsa legatione auf 36 Handschriften. Dieselben sind in der Aus-
gabe der contiones bereits beschrieben, classificirt und charakterisirt
der Art, dass eine klare Einsicht in den relativen Werth jeder ein-
zelnen Handschrift gewonnen wird. Solche Einsicht war bis auf
Voemel noch vielfach erschwert und unvollständig, weil die ver-
schiedenen Herausgeber theils einem und demselben codex ver-
schiedene Zeichen beigelegt, theils Lesarten mehrerer Hand-
schriften einem codex zugeschrieben, theils (u. a. Bekker und
Dindorf) dem bekanntlich massgebendsten Pariser cod. Σ Lesarten
ausschliesslich vindicirten, welche anderen Handschriften mit
angehören, oder umgekehrt für Lesarten, welche Σ sei es allein,
sei es mit andern bietet, sich nur auf letztere berufen haben, wie
praef. ad contion. p. X u. XI. nachgewiesen ist.
Man ist einig darüber, dass die Pariser Handschrift Σ Nr.
2187*) die Grundlage des Textes bilden muss. Demungeachtet
aber stimmen Bekker, Dindorf, Voemel sehr oft nicht überein in ihrem
Urtheile über die aus Σ aufzunehmenden oder nicht aufzunehmen-
den Lesarten, wie denn namentlich der Text der Reden gegen
Aeschines eine beträchtliche Zahl von Verschiedenheiten in den
Ausgaben der drei genannten Gelehrten enthält. Voemel ist der
Autorität des Σ überall, wo nicht offensichtliche Fehler
vorliegen, entschieden und consequent, jedoch keineswegs blind
und unbedingt gefolgt „secuti sumus codicem Σ principem ita, ut
ratio valeret“ praef. p. VIII.
Einen wichtigen und erfreulichen Dienst hat ihm hierbei Herr
Prof. R e h d a n t z geleistet, welcher die schon von Dr. Ferdinand

*) Der Herausgeber sagt in der den contiones vorausgeschickten notitia
codicum §. 72. p. 219 non ut Bekkerus, Sauppius et Dindorfius 2137.
während letzterer p. VIII seiner 1855er Ausgabe deutlich 2187 hat.
 
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