Wiener: Die Grundzüge der Weltordnung. 445
Geiste“ oder von. einer „stofflichen, aber feinem Seelensubstanz“
verworfen (S. 720ffJ. Es wird versucht, „alle Geistesvorgänge aus
der Anschauung der Körperlichkeit des Geistes“ zu erklären (S. 724).
Der Gedanke wird als „Bewegungszustand des Gehirns“ bestimmt,
dei’ Sinneseindruck und darum auch der Gedanke als eine „che-
mische Zersetzung im Gehirne“, das Gedächtniss als „Narbe im
Gehirn“ betrachtet (S. 724—730). Das Entstehen und die Gestalt
der Gedächtnissnarben von Sinneseindrücken denkt sich der Herr
Verf. also: „Wenh ein Gegenstand auf unser Auge wirkt und
Sinneseindrücke der Form und Farbe in uns hervorbringt, so wer-
den an verschiedenen Stellen des Gehirns Erregungen hervorge-
bracht. Diese Stellen sind die Sitze des Form- und des Farben-
sinnes und an jedem dieser Sitze sind dazu noch die Erregungen
der Art und dem Orte nach mannichfach.“ ... „Alle gleichzeitig
erregten Stellen sind aber im Gedächtnisse zu einem Ganzen ver-
bunden, so dass, wenn eine Stelle wieder erregt wird, auch die
andern mit in Erregung kommen können. Sie bilden zusammen
eine einzige Gedächtnissnarbe, welche, im Ganzen wieder erregt, die
sinnliche Vorstellung des Gegenstandes ist, der zuerst den Sinnes-
eindruck in uns hervorbrachte.“ Die Erregungen sind „örtlich ge-
trennt“, lassen „örtlich getrennte Narben“ im Gehirne zurück und
können zu einer „einzigen Narbe“ verbunden werden, wenn sie in
uns als eine Vorstellung erscheinen. Diese Verbindung soll durch
die Nervenknoten oder Ganglienkugeln der Rinde des Gehirns oder
der grauen Substanz vermittelt werden. Denn diese wird als der
„eigentliche Sitz des Geistes und seiner einzelnen Grundvermögen“
betrachtet. Sind aber nicht so viele Erregungen vorhanden, als ein-
wirkende Gegenstände, Eigenschaften, Zustände um Verhältnisse
nach den Sinnen und den nichtsinnlichen Beziehungen unterschieden
werden? Und alle diese Erregungen sollen nach Art und Ort im
Gehirne Narben zurücklassen können ? Wenn auch viele Erregungen
zu einer Narbe verbunden werden, so müssen die einzelnen Erregun-
gen, welche einzeln vorstellbar sind, auch einzelne Narben im Ge-
hirne haben, und, wenn man sich die Narbe auch nur als einen
physischen Punkt denkt, der örtlich von dem andern geschieden
ist, wie sollen die Narben alle im Gehirn ihren Platz haben? Die
Aussenwelt wird, „so weit sie in unserm Geiste niedergelegt ist,
ein Stück von unserer Vorstellung vom Ich“ genannt (S. 745). Ja,
wenn das Ich nichts anderes, als das Hirn mit seinen Narben, ist,
lässt sich dieses allerdings behaupten, nicht aber, wenn das Ich als
der sich selbst denkende, seiner selbst bewusste Geist aufgefasst
wird. Das Wesen des Ich’s besteht ja darin, nicht Nichtich zu
sein, sich von dem zu trennen, was es nicht ist, sich also von der
Aussenwelt zu trennen, die in keiner Weise das Ich ist. Ein ande-
res ist: Das Ich hat seine Welt in sich, d. h. einen Eindruck des
Nichtich’s oder der Aussenwelt empfangen und ein Anderes: Das
Ich ist ein Stück dieser Aussenwelt; denn gerade, indem das Ich
Geiste“ oder von. einer „stofflichen, aber feinem Seelensubstanz“
verworfen (S. 720ffJ. Es wird versucht, „alle Geistesvorgänge aus
der Anschauung der Körperlichkeit des Geistes“ zu erklären (S. 724).
Der Gedanke wird als „Bewegungszustand des Gehirns“ bestimmt,
dei’ Sinneseindruck und darum auch der Gedanke als eine „che-
mische Zersetzung im Gehirne“, das Gedächtniss als „Narbe im
Gehirn“ betrachtet (S. 724—730). Das Entstehen und die Gestalt
der Gedächtnissnarben von Sinneseindrücken denkt sich der Herr
Verf. also: „Wenh ein Gegenstand auf unser Auge wirkt und
Sinneseindrücke der Form und Farbe in uns hervorbringt, so wer-
den an verschiedenen Stellen des Gehirns Erregungen hervorge-
bracht. Diese Stellen sind die Sitze des Form- und des Farben-
sinnes und an jedem dieser Sitze sind dazu noch die Erregungen
der Art und dem Orte nach mannichfach.“ ... „Alle gleichzeitig
erregten Stellen sind aber im Gedächtnisse zu einem Ganzen ver-
bunden, so dass, wenn eine Stelle wieder erregt wird, auch die
andern mit in Erregung kommen können. Sie bilden zusammen
eine einzige Gedächtnissnarbe, welche, im Ganzen wieder erregt, die
sinnliche Vorstellung des Gegenstandes ist, der zuerst den Sinnes-
eindruck in uns hervorbrachte.“ Die Erregungen sind „örtlich ge-
trennt“, lassen „örtlich getrennte Narben“ im Gehirne zurück und
können zu einer „einzigen Narbe“ verbunden werden, wenn sie in
uns als eine Vorstellung erscheinen. Diese Verbindung soll durch
die Nervenknoten oder Ganglienkugeln der Rinde des Gehirns oder
der grauen Substanz vermittelt werden. Denn diese wird als der
„eigentliche Sitz des Geistes und seiner einzelnen Grundvermögen“
betrachtet. Sind aber nicht so viele Erregungen vorhanden, als ein-
wirkende Gegenstände, Eigenschaften, Zustände um Verhältnisse
nach den Sinnen und den nichtsinnlichen Beziehungen unterschieden
werden? Und alle diese Erregungen sollen nach Art und Ort im
Gehirne Narben zurücklassen können ? Wenn auch viele Erregungen
zu einer Narbe verbunden werden, so müssen die einzelnen Erregun-
gen, welche einzeln vorstellbar sind, auch einzelne Narben im Ge-
hirne haben, und, wenn man sich die Narbe auch nur als einen
physischen Punkt denkt, der örtlich von dem andern geschieden
ist, wie sollen die Narben alle im Gehirn ihren Platz haben? Die
Aussenwelt wird, „so weit sie in unserm Geiste niedergelegt ist,
ein Stück von unserer Vorstellung vom Ich“ genannt (S. 745). Ja,
wenn das Ich nichts anderes, als das Hirn mit seinen Narben, ist,
lässt sich dieses allerdings behaupten, nicht aber, wenn das Ich als
der sich selbst denkende, seiner selbst bewusste Geist aufgefasst
wird. Das Wesen des Ich’s besteht ja darin, nicht Nichtich zu
sein, sich von dem zu trennen, was es nicht ist, sich also von der
Aussenwelt zu trennen, die in keiner Weise das Ich ist. Ein ande-
res ist: Das Ich hat seine Welt in sich, d. h. einen Eindruck des
Nichtich’s oder der Aussenwelt empfangen und ein Anderes: Das
Ich ist ein Stück dieser Aussenwelt; denn gerade, indem das Ich