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Potestas und Imperium nach Mommsen.

recht haben muss — wenn er sagt, die lex curiata begründe die
Vollmacht des Magistrats —weil dieser Act nach dem eigent-
lichen Amtsantritt, nicht vorher stattfinde, sehe ich auch nicht
ein; die spätere Uebertragung des Imperium nach der vorhergehen-
den des potestas ist ganz naturgemäss. Dann spricht auch gegen
die obige Ansicht Mommsens der Umstand, dass die tribunicische
Intercession die Beantragung der lex curiata sistiren konnte. —
Der fernere Satz Mommsens: «auch gibt der Act streng genommen
dem Beamten kein Recht, das er nicht bereits hat» ist schon von
Lange (Bitter. Centralblatt 1872 Nr. 26 col. 687 unten) als un-
bewiesen cbarakterisirt worden; dazu steht er im grellsten Wider-
spruch gegen Cicero und Livius; ersterer sagt (de leg. agr. 2. 12.
30): «consuli, si legem curiatam non habet, attingere rem mili-
tarem non licet»; letzterer (5. 52. 15): «comitia curiata, quae
rem militarem continent» (siehe oben über diese Stellen). Das
heisst doch soviel, als dass die militairische Gewalt sich auf die
lex curiata gründe, dass also Bethmann-Hollweg Recht hat, wenn
er sagt, diese begründe die Vollmacht des Beamten. Aber Mommsen
weiss wiederum diese Ausdrücke abzuschwächen, indem er die
Ausübung des imperium vor der lex curiata als von der Sitte
verboten hinstellt; nur liegt nichts derart in den Worten des Cicero
und Livius. Die Bemerkung, welche ich schon bei Besprechung
der römischen Forschungen Mommsens (meine krit. Erört. über
den röm. Staat 2. 137, 38) machte, drängt sich auch hier auf:
je nach dem Standpunct seines Dogmas gegenüber den Quellen
schliesst er sich entweder eng an diese an, oder verwirft eben
dieselben, welche er als Stütze brauchte, als völlig unkritisch. Die
drei Fälle, welche Mommsen zur Bestätigung seiner Ansicht an-
führt, dass Oberbeamte auch ohne die lex curiata das imperium
ausübten (C. Flaminius Consul 537, Camillus als Dictator vorVeji
und die Consulu C. Lentulus und Μ. Marcellus von 705), sind so
präcärer Natur, dass sie als Stütze nicht dienen. Der Fall des
Camillus ist deswegen untauglich, weil er in eine Zeit (vor den
gallischen Brand) fällt, aus welcher glaubwürdige Aufzeichnungen
nicht existiren, und in einem Berichte (über die Belagerung Veiis)
steht, den die Sage und spätere Erfindung ganz besonders ent-
stellt hat.

(Schluss folgt.)
 
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