Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1872.

Nr. 53.

HEIDELBERGER

Bram ach: Rhythmische und metrische Unter-
suchungen.

(Schluss.)
Da solche Pausen aber nur für den Vortrag vorhanden sind,
für den Rhythmos gar nicht in Rechnung kommen, auch nicht ein-
mal mit einem Bruchttheil, so wäre es Unrecht von ihnen eine be-
sondere Kraft, welche dem Rhythmos die oder die Form und Be-
deutung gäbe, zu" erwarten. Viel für sich hat der Satz bei Schmidt:
«das κώλον wird zum Verse, wenn eine Pause dahinter tritt.»
Denn in der That spielt Hiat und Anceps bei Boeckhs Nachweis
der Schlüsse kleinerer Zeilen eine Hauptrolle. Aber auch diesen
Satz müsste man in der Art umkehren, dass die Pause nicht erst
das wäre, was das κώλον zum Verse machte, sondern nur eine
Nebenwirkung. Bildet ein κώλον einen Vers, würde ich sagen,
d. h. steht es für sich allein da und hat daher einen so gewaltigen
Hauptiktus wie er sonst zur Beherrschung mehrerer κώλα ausreicht,
so wird auch wenn die Zeile nicht unvollständig und das fehlende
durch Pause zu ergänzen sein soll wie bei der Brachykatalexis,
doch wenigstens die unmessbare Pause, welche sonst mit dem
Versschlusse verbunden ist, wohl bemerkbar und bei gutem Vor-
trage recht bedeutend sein. Darum hatte Boeckh gewiss Recht,
wenn er dem Pindar zutraute, dass er an solchen Stellen ‘ mit
Absicht Anceps und Hiat gebrauchte. Durch den letzteren
wollte der Dichter der unmessbaren Schlusspause noch ein unmess-
bares zugelegt wissen, durch die schliessende Kürze statt der Länge
sollte diese unmessbare Pause sogar um eine ganze Zeit, also um
eine kleine messbare Pause wachsen und so als- das Kolon von dem
folgenden Verse sondernd in die Ohren fallen. Schwierig oder un-
lösbar wird die Frage, ob ein einzeln stehendes Kolon wirklich,
wie ich eben sagte, einen gerade so grossen Iktus habe als meh-
rere verbundene zusammen. Dass dasselbe wenigstens durch einen
grösseren Iktus als ihm an sich zukäme auszuzeichnen sei, ist
Brambachs Meinung, wenn er S. 75 über einen jambischen Dimeter
mit einem Monometer sagt: «Die vier Takte (des Dimeters) lösen
sich von selbst in eine stark betonte und in eine schwach betonte
Dipodie auf, zu welchen dann eine mittelstarke Dipodie mit
befriedigendem Gewichte tritt.» Sein Beispiel ist τούτον λαβών
προΰβαλλ’ οπον | βούλεί φερων. Er will also die letzte einzeln
stehende Dipodie zwar schwächer als die erste, aber stärker als
LXV. Jahrg. 11. Heft. 58
 
Annotationen