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Helbig, Wolfgang
Untersuchungen über die Campanische Wandmalerei — Leipzig, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12280#0112

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Die campanische Wandmalerei.

gesichts der realistischen Darstellungen aus dem campanischen
Alltagsleben empfinden. Ich begnüge mich, die eigenthümlichen
Eigenschaften dieser Bilder in der Kürze hervorzuheben. Ueber
die Weise ihrer Entstehung wage ich bei dem Mangel an be-
stimmten Anhaltspunkten keine Vermuthung auszusprechen.

XI. Thierstück und Stillleben.

Das Thierstück ist in der campanischen Wandmalerei durch
eine reiche Serie verschiedenartiger Bilder vertreten. Wir be-
gegnen einerseits Schilderungen, welche das Treiben der wissen-
den Thiere veranschaulichen, wie sie sich zum Kampfe mit ein-
ander anschicken oder wie sie Bothwild verfolgenJ). Diese Dar-
stellungen sind bisweilen als grosse Prospectenbilder behandelt,
finden sich aber besonders häufig auf den kleinen Gemälden,
welche vignettenartig der Architekturmalerei eingefügt sind.
Innerhalb der ersteren Gattung veranschaulicht der landschaft-
liche Hintergrund meist in angemessener Weise die Wildniss,
in der diese Thiere zu Hause sind2). Aehnlichen Gesichtspunkten
unterliegen die nah verwandten Malereien, welche Jagdscenen
darstellen3).

Eine besondere Betrachtung erfordern zwei grosse Thierstücke,
die in einem Hause auf Vico d'Eumachia als Gegenstücke gemalt
sind4). Auf dem einen derselben sehen wir einen Löwen, welcher,
krank oder missmuthig, daliegt, und vor ihm einen Hirsch, der
ängstlich die linke Vorderpfote erhebt, wie um in jedem Augen-
blicke zur Flucht bereit zu sein. Der Inhalt dieser Darstellung
stimmt in deutlicher Weise mit einer in verschiedenen Versionen
überlieferten Thierfabel überein5). Die aus einer solchen Fabel
erhaltenen Verse6)

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schildern in aller Kürze die Situation des Wandgemäldes. Wenn
aber dieses Bild mit hinlänglicher Sicherheit aus der Thierfabel
erklärt werden darf, so wird dasselbe bei dem Gegenstück anzu-

1) N. 1585 ff. 2) Siehe namentlich N. 1585. 3) N. 1520 ff.

4) N. 1583. 1584.

5) Babrius 95. Vgl. 103 und syll II 40 (Anthol. lyric. ed. Bergk
2. Ausg. p. 311).

6) Anth. lyr. ed. Bergk 2. Ausg. p. 172 n. 5.
 
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