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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 26.1915

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Renatus, Kuno: Zum Haus Hulle - München: von den Architekten Paul Huldschinsky und Karl Joh. Mossner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7711#0453

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XXVI. JAHRGANG.

DARMSTADT

DEZEMBER 1915.

ZUM HAUS HÜLLE-MÜNCHEN

VON DEN ARCHITEKTEN PAUL HULDSCHINSKY UND KARL JOH. MOSSNER

Es ist ein untrüglicher Maßstab für ein modernes
Bild, ob es neben einem alten Bild bestehen
kann oder von ihm totgeschlagen wird. Ganz
ebenso ist es ein untrüglicher Maßstab für ein
modernes Möbel, ob es neben einem alten Möbel
bestehen kann oder aus dem Rahmen herausfällt.

Dieser Satz wird für die Malerei heute meist
Zustimmung finden, für das Kunstgewerbe wird
er vielfach auf Widerspruch stoßen. Wir haben
doch einen »neuen Stil«, wir sind überhaupt »mo-
derne Menschen«. Es kommt doch vor allem
darauf an, daß Möbel ihrem Stil nach zusammen-
passen, und ein Möbelstück im modernen Stil
kann von vornherein nicht mit einem alten Möbel-
stück zusammenpassen, ist mit ihm unvergleich-
bar. Was soll also der obige Satz! Er könnte,
ernst genommen, höchstens zur Altertümelei und
zur Nachahmung veralteter Formen verführen —
eine Gefahr, die wir durch Emanzipation des
»neuzeitlichen« Kunstgewerbes glücklicherweise
überwunden haben.

In der Tat ist die moderne kunstgewerbliche
Bewegung zum guten Teil im Zeichen des Stil-
begriffes entstanden, wie ihn eine rein historische
Kunsttheorie gefaßt hatte: als ob »Stil« ein ge-

schlossener Kreis von »Schmuckformen« sei,
welche vor allem die Eigentümlichkeit hätten,
sich mit der Zeit zu wandeln. Von diesem Be-
griffe aus nahm es dann unsere Zeit als ihr gutes
Recht in Anspruch, als eine neue Zeit auch
neue Formen zu verlangen. Aus demselben Stil-
begriff ist der moderne Stilpurismus erwachsen.
Man baute die Kathedralen in ihrem Stil sorgsam
zu Ende und beseitigte die Turmabschlüsse und
Anbauten aus einer fremden Bauperiode, die oft
so kühn und malerisch wirkten, man legte bei der
modernen Ausmalung alter Kirchen Wert darauf,
daß die Dekoration dem betreffenden Baustil ent-
spräche, ohne dabei die Kraft und Unbekümmert-
heit zu erreichen, mit der die Barockzeit über
das Innere gotischer Kirchen verfügte usw.

Diese Dinge sind allbekannt. Weshalb wir sie
erwähnen: weil etwas von diesem Stilpurismus
auch dem modernen Kunstgewerbe in den Glie-
dern liegt. In der Art nämlich, wie es sich den
überlieferten Stilen gegenüberstellt. Ein neuer
Raum soll »modern« wirken. Wenn ein moderner
Architekt eine Innenausstattung ausführt, so legt
er in der Regel Wert darauf, daß die Einheit
des Entwurfes bis in die letzte Kleinigkeit ge-

1915. XII. 1
 
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