Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0039
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DREIEICHENHAIN

Der Zugang der Burg wird durch eine
über den Wehrgraben geschlagene, mehrbogige
Steinbrücke vermittelt, die aus der Zeit des
Kirchenbaues zu stammen und wenigstens theil-
weise an die Stelle einer früheren Zugbrücke
öfetreten zu sein scheint. Hinüberereschritten steht
der Beschauer vor dem gewaltigen Torso des
südlichen runden Bergfriedes, welcher, den Breite-
verhältnissen nach zu schliessen, ein bedeutendes
Mass seiner früheren Erhebung eingebüsst hat und
noch von Matthäus Merian um die Mitte des
17. Jahrhunderts als »sehr hoch« geschildert
würfle. Der 2,50 m starke Baukern des Thurmes
setzt sich aus Bruchsteinen zusammen, die durch
ihre regellose Anordnung und die dicken Mörtel-
massen den Eindruck von Gusswerk machen.
Der Aussenbau zeigt eine nur zum Theil er-
haltene geregelte Hausteinverkleidung und an
einzelnen Stellen des Innern kommt Fischgräten-
verband zum Vorschein. Auf der Nordseite,
5 m über dem Erdboden, ist eine vermauerte
Rundbogenthüre sichtbar. Dann folgen in ziem-
lich gleicher Höhe eine grössere und eine kleinere Lichtöffnung und weiterhin eine offene
zweite Rundbogenthüre, die allem Anschein nach mit dem benachbarten Falas durch
eine kleine abnehmbare Holzbrücke verbunden war. Diese Thüre, deren Bogen-
schluss aus einem geborstenen Monolith besteht, vermittelt noch jetzt den Zu-
gang in den Innenbau des Bergfriedes. Der Fuss betritt hier das erste Thurm-
geschoss, in dessen Mitte ein Einsteigeloch zu dem von einem Klostergewölbe
überspannten Verliess hinabführt. Das dachlose Thurmgeschoss ist mit Trümmerschutt
bedeckt, aus welchem Gesträuch und Rankenwerk hervorwuchert und über den
Mauerrand emporragt. —■ Vom Hochbau des zweiten, nördlich gelegenen, vier-
eckigen Bergfriedes besteht nur noch ein hochaufstrebender Theil der Südmauer.
Die drei anderen Thurmwände, welche in ganzen Mauermassen in die Tiefe ge-
stürzt sind, sprangen zum Zweck der Seitenbestreichung des Wehrringes weit nach
aussen vor. An dem erhaltenen Bautheil sind die Stellen früherer Balkenlagerung
eines niedrigen Erdgeschosses, eines sehr hohen Hauptgeschosses und dreier Ober-
geschosse von mässiger Höhe deutlich zu erkennen, eine Stockwerkgliederung, welche
an die Einrichtung dieses Bergfriedes als Wohnthurm und Warte gemahnt. Der
Mauerverband zeigt wohlgeordnete Hausteinschichten mit minder geregelten Stoss-
fugen. Einzelne Lichtöffnungen gothisiren; sie werden eine jüngere Zuthat sein.
Für die frühmittelaltrige Zeitstellung des Werkes spricht mit aller Stylbestimmtheit
die unterhalb des rundbogigen Thurmeinganges angebrachte kellergradähnliche
Rundbogenöffnung des Verliesses und dessen Tonnengewölbe von tektonisch tadel-
loser Anordnung der Gewölbefächer mit Schildkappen. Die Umfassungsmauer

Fig. j. Dreieichenhain.
Fischgrätenverband in der Burgmauer.

Massstab I : 50.
 
Annotationen