ERNST Vi'ENCK
BÜSTE EUGEN RICHTER (1913)
Erkenntnis von der Notwendigkeit verschie-
dener Behandlung von Stein und Bronze,
mag auch dem Laien dies zunächst als eine
mehr technische Angelegenheit erscheinen.
Es handelt sich nicht bloß um die elementare
Ueberlegung, daß eine Marmorfigur ande-
ren Stabilitätsgesetzen unterworfen ist als
eine Bronzefigur. Es handelt sich um den
Gegensatz der Formgebung, der mit dem
verschiedenartigen Arbeitsprozeß verknüpft
ist. Bei der S t e i n p 1 a s t i k ist ein Modell
nicht notwendig. Ja, in neuerer Zeit festigt
sich die Ueberzeugung immer mehr, daß es
sinngemäßer ist, auf ein Hilfsmodell zu ver-
zichten, weil bei seiner Herstellung die
künstlerischen Bedingungen des Steins leicht
vergessen werden. Eine in Ton durchmodel-
lierte und dann, womöglich auf mechani-
schem Wege, in Marmor übertragene Figur
wird immer der unmittelbaren Empfindung
entbehren, wie die Uebersetzung einer Dich-
tung aus einer fremden Sprache. Nur die
direkt aus dem Stein herausgehauene Figur
vermag die Idee des gegliederten festen Kör-
pers rein und prägnant darzustellen. Nur
auf diesem \\;ege wird der eigentliche Aus-
drucksbereich des Steins zur Geltung kom-
men können. Und damit wird es sich auch
gegen den der Bronze von selbst abgrenzen.
Von ihr unterscheidet sich der Stein nicht
188
BÜSTE EUGEN RICHTER (1913)
Erkenntnis von der Notwendigkeit verschie-
dener Behandlung von Stein und Bronze,
mag auch dem Laien dies zunächst als eine
mehr technische Angelegenheit erscheinen.
Es handelt sich nicht bloß um die elementare
Ueberlegung, daß eine Marmorfigur ande-
ren Stabilitätsgesetzen unterworfen ist als
eine Bronzefigur. Es handelt sich um den
Gegensatz der Formgebung, der mit dem
verschiedenartigen Arbeitsprozeß verknüpft
ist. Bei der S t e i n p 1 a s t i k ist ein Modell
nicht notwendig. Ja, in neuerer Zeit festigt
sich die Ueberzeugung immer mehr, daß es
sinngemäßer ist, auf ein Hilfsmodell zu ver-
zichten, weil bei seiner Herstellung die
künstlerischen Bedingungen des Steins leicht
vergessen werden. Eine in Ton durchmodel-
lierte und dann, womöglich auf mechani-
schem Wege, in Marmor übertragene Figur
wird immer der unmittelbaren Empfindung
entbehren, wie die Uebersetzung einer Dich-
tung aus einer fremden Sprache. Nur die
direkt aus dem Stein herausgehauene Figur
vermag die Idee des gegliederten festen Kör-
pers rein und prägnant darzustellen. Nur
auf diesem \\;ege wird der eigentliche Aus-
drucksbereich des Steins zur Geltung kom-
men können. Und damit wird es sich auch
gegen den der Bronze von selbst abgrenzen.
Von ihr unterscheidet sich der Stein nicht
188