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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Strzygowski, Josef: Klingers Brahmsphantasie in öffentlicher Vorführung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0238

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RUDOLF NISSL

EMPIRE-OFEN (1909)

ihn das Schicksalslied in einem Kontrast der
selig genießenden Götter und der von Klippe
zu Klippe ins Ungewisse hinabgleitenden
Menschen in unerhört ergreifender Art ver-
körpert. Wenn Brahms mit seiner Musik tief
aufwühlt, so erschüttert Klinger in einem Maße,
daß die innere Empörung kaum noch durch
seine Schlußsatyre gesteigert werden kann: im
Rücken eines mühselig hinter seinem Pfluge
dahinwankenden Bauern wachsen Schwerter
aus der Furche und eine Faust reißt oben das
Lot aus der Wage (der Gerechtigkeit). Das
Bild ist heute moderner denn je und verrät
den in Berlin und Paris herangereiften Schöpfer

einzelner radierter Zyklen, die sich wie Be-
richte eines scharf beobachtenden Großstadt-
Reporters ausnehmen. Klinger läßt auf das
Schicksalslied noch den befreiten Prometheus
folgen, der betäubt dasitzt und im Ausdruck mit
der Stimmung des Schlußadagios zusammengeht.

Es ist nun vor einiger Zeit im Wiener
Konzerthause versucht worden, diese Schöpfung
Klingers vor die Oeffentlichkeit zu bringen, sie
im großen Stil zusammen mit den nötigen Sing-
stimmen, Chor und Orchester im Lichtbilde
vorzuführen. Es sei dem beobachtenden Leiter
gestattet, dazu ein Schlußwort zu sagen. Auf
ein Herausarbeiten der künstlerischen Fragen

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