Hans von Marees. Die Ruderer
Fresko im Bibliotheksaal der Zoologischen Station in Neapel
Das Wandbild. Von Ulrich Christoffel
Man ist heute mißtrauisch gestimmt gegen eine
Ästhetik, die dem künstlerischen Schaffen Gesetze
vorschreiben will und möchte die Kunst lieber aus
der Triebhaftigkeit als aus der Vernunft verstehen
und doch haben gerade die Kunstwerke, die auch
dem Kunstverstande, obwohl sie nicht von ihm her-
vorgebracht sind, ungezwungen genügen, bei allen
Völkern und Zeiten den größten Gefallen gefun-
den. Die Kritik wird ohne erkenntnismäßige Ein-
sicht in die Grundbedingungen der Entstehung und
Wirkung der Formen nie auskommen, aber sie
wird das Kunstwerk, statt nackte Regeln von ihm
abzuleiten, in seiner Einheit, Fülle und Wärme und
in seiner Verbundenheit und Verwurzelung mit den
immer gültigen Voraussetzungen der künstlerischen
Bildwerdung betrachten. Allzulange hat man die
Künste in alte und neue auseinandergerissen, als
ob die Kunst nicht wie das Leben selber nur eines
Ein zweiter Aufsatz wird der heutigen Wandmalerei gewidmet sein.
und zu allen Zeiten dasselbe wäre, das man nur zur
bequemeren Durchdringung und Erfassung nach
Schulen, Stilen, Zwecken und Epochen gliedert.
Wenn man sich mit alter Kunst beschäftigt, dient
man auch dem Verständnis der heutigen und zu-
künftigen Kunst und ohne Eingehen auf das, was
die Künstler heute wollen, wird man auch die Kunst
der vergangenen Zeiten nie verstehen können.
Heute steht die Wandmalerei in allen Ländern und
besonders in Deutschland wieder in großer Übung
und wahrscheinlich geht sie noch einer weitern
Entfaltung und Steigerung entgegen, aber in die
Freude über diese schöne Entwicklung mischt sich
oft auch der Zweifel, ob die Aufgabe des Monu-
mentalen immer richtig begriffen werde, denn das
Wandbild ist mehr als ein durch Fresko oder Mi-
neralfarben auf eine große Mauerfläche übertra-
genes Bild und selbst in den Blütezeiten der "Wand-
malerei sind viele Bilder an die Mauern gemalt
Kunst f. Alle, Jahrg. 50, Heftl, Oktober 19SS
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Fresko im Bibliotheksaal der Zoologischen Station in Neapel
Das Wandbild. Von Ulrich Christoffel
Man ist heute mißtrauisch gestimmt gegen eine
Ästhetik, die dem künstlerischen Schaffen Gesetze
vorschreiben will und möchte die Kunst lieber aus
der Triebhaftigkeit als aus der Vernunft verstehen
und doch haben gerade die Kunstwerke, die auch
dem Kunstverstande, obwohl sie nicht von ihm her-
vorgebracht sind, ungezwungen genügen, bei allen
Völkern und Zeiten den größten Gefallen gefun-
den. Die Kritik wird ohne erkenntnismäßige Ein-
sicht in die Grundbedingungen der Entstehung und
Wirkung der Formen nie auskommen, aber sie
wird das Kunstwerk, statt nackte Regeln von ihm
abzuleiten, in seiner Einheit, Fülle und Wärme und
in seiner Verbundenheit und Verwurzelung mit den
immer gültigen Voraussetzungen der künstlerischen
Bildwerdung betrachten. Allzulange hat man die
Künste in alte und neue auseinandergerissen, als
ob die Kunst nicht wie das Leben selber nur eines
Ein zweiter Aufsatz wird der heutigen Wandmalerei gewidmet sein.
und zu allen Zeiten dasselbe wäre, das man nur zur
bequemeren Durchdringung und Erfassung nach
Schulen, Stilen, Zwecken und Epochen gliedert.
Wenn man sich mit alter Kunst beschäftigt, dient
man auch dem Verständnis der heutigen und zu-
künftigen Kunst und ohne Eingehen auf das, was
die Künstler heute wollen, wird man auch die Kunst
der vergangenen Zeiten nie verstehen können.
Heute steht die Wandmalerei in allen Ländern und
besonders in Deutschland wieder in großer Übung
und wahrscheinlich geht sie noch einer weitern
Entfaltung und Steigerung entgegen, aber in die
Freude über diese schöne Entwicklung mischt sich
oft auch der Zweifel, ob die Aufgabe des Monu-
mentalen immer richtig begriffen werde, denn das
Wandbild ist mehr als ein durch Fresko oder Mi-
neralfarben auf eine große Mauerfläche übertra-
genes Bild und selbst in den Blütezeiten der "Wand-
malerei sind viele Bilder an die Mauern gemalt
Kunst f. Alle, Jahrg. 50, Heftl, Oktober 19SS
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