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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Kusch, Eugen: Die Kunst bei den Siebenbürger Sachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0259

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Fritz Hülsmann. Zwei Mädchen

Die Kunst bei den Siebenbürger Sachsen. Von Eugen Kusch, Nürnberg

Als das Herz des östlichen Auslandsdeutschtums
darf man wohl die Siehenbürger Sachsen bezeich-
nen, denkt man an ihre spätmittelalterliche Kultur-
arbeit und Mittlerschaft. Lebendigstes Zeugnis hier-
von legen die mannigfach erhaltenen Kunstdenk-
mäler ab, von deren hohem Wert man bei uns immer
noch keine rechte Vorstellung hat.
Den ersten Anstoß zu einer deutschen Beteiligung
an den Aufbauarbeiten im jungen Ungarnreich gab
wohl der Umstand, daß um die Jahrtausendwende
König Stefan eine Gisela von Bayern zur Gattin
nahm: Unter ihr kamen die ersten Bitter und Sied-
ler ins Land, auf deren Anregung hin sich kurz dar-
auf um die Silbergruben von Bodna mitteldeutsche
Bergleute niederlassen. Bald setzt auch ein reger Zu-
zug aus Flandern, von Rhein und Mosel her ein. .
Aus notwendiger, steter Abwehr heraus errichten
die Ansiedler gewaltige Bollwerke gegen die Tür-
kenstürme. Da die Kirche in jeder Beziehung ihr

wichtigster Besitz ist, bauen sie sie zur Festung
aus — mächtiger noch, als sie es daheim gelernt
hatten. In den Formen sind diese ersten Kirchen-
burgen noch etwas grob, aber doch harmonisch ge-
fügt. Die Verteidigungsanlage konnte schon an der
Friedhofsmauer beginnen. Diese Mauer war so hoch,
daß sie den halben Kirchenbau verdeckte: sie war
reichlich mit Wehrtürmen gespickt, oder es waren
Chor, Umgang, Türme und sogar Sakristei als Barri-
kaden ausgebaut. Kein Wunder, daß hier für das
Ornament noch wenig Platz ist; erst hundert Jahre
später läßt man dem Portal etwas mehr künstle-
rische Sorgfalt angedeihen, es entstehen die ersten
Figurengruppen biblischer Symbolik (Karlsburg).
Da Siebenbürgen dem Deutschen Reich durch den
bald erstarkenden Handelsverkehr eng verbunden
blieb, gelangen wie von selbst die jeweiligen kultu-
rellen Errungenschaften der alten Heimat zu den
draußen Wirkenden. So findet die reife Spätroma-

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