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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Hellwag, Fritz: Zu den Bildern von Wilhelm Schnarrenberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0054

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Wilhelm Schnarrenberger. Römische Frühlingsnacht

Zu den Bildern von Wilhelm Schnarrenberger. Von Fritz Heilwag

In einer der letztjährigen Ausstellungen der Ber-
liner Akademie hat mich das erste Bild, das ich von
Wilhelm Schnarrenberger sah, lange Zeit festgehal-
ten. Es war eine kurzgeschwungene römische Land-
straße in nächtlicher Stimmimg. Der unsichtbare
Mond durchleuchtete schräg über die Straße hin
die eine Wand der Bäume und Sträucher. während
die andere im Halbschatten lag und der kreidige
Fahrweg die Helle in sich sog. Das etwas gefahr-
volle Motiv war ohne persönliche Einmischung oder
aufdrängende Symbolik ganz sachlich behandelt,
und dennoch glaubte man die nächtlichen Halblaute
der Natur und die Bewegung einer sich milde ab-
kühlenden Atmosphäre zu vernehmen und zu emp-
finden. Das war etwas ganz anderes als die ge-
wohnte nordische Art, die oft mit vorbedachter Ab-
sichtlichkeit und umgestaltender Mittelbarkeit ihre

Wirkungen vorbereitet und die Hintergründigkeit
des Gedanklichen anstrebt. Und gleich weit ent-
fernt von der scharfen und kulissenmäßigen Weise,
in der etwa Oswald Achenbach ehedem ein solches
Erlebnis als Erscheinung aufgebaut haben würde.
Dennoch war auch dieses Bild offenbar nach der Er-
innerung geformt, aber seine Bedeutung lag in der
Kraft, mit der ein stiller Xatureindruck im Ge-
dächtnis festgehalten wurde und ohne Verlust sich
wieder ausgebreitet hatte.

Schritte sind verhallt, Wagenrollen sank in die
Stille, Wege und Plätze haben Ruhepause, Raum
hebt sich von der Erde, dehnt sich im Licht,
schrumpft im Schatten, Farben, nicht mehr von der
Bewegung zerrissen, ballen —: Natur bringt Men-
schenwerk wieder ins Gleichgewicht. Das hat
Sclmai'renberger oft und oft gemalt. Immer bleibt er

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