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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Hellwag, Fritz: Caspar David Friedrichs "Hochgebirgslandschaft"
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0268

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Caspar David Friedrichs „Hochgebirgslandschaft"

Ein Hauptstück des Saales der Nationalgalerie, in
dem mit erfreulicher Auswahl vielartige Werke des
Meisters vereinigt sind, ist die ..Hochgebirgsland-
schaft", die, wenn auch nicht mit Namen bezeichnet
— der Künstler pflegte seine Bilder nicht zu signie-
ren —, seit dem Jahre 1828 als eine Arbeit Fried-
richs bekannt ist. Zwischen beiderseits hoch auf-
steigenden Felswänden klafft eine tiefe Schlucht,
den Blick auf einen zerklüfteten Schneeberggipfel
weit öffnend.

Nun ist ein Duplikat dieses Bildes aufgetaucht, für
das der Anspruch erhoben wird, es sei das Original,
oder besser gesagt, das ^ orbild des Werkes, das
Friedrich gemalt hat: es müsse so sein, weil Fried-
rich selbst niemals im Hochgebirge gewesen sei.
Der Schöpfer des Duplikates ■— wir nennen es
zwecks besserer Scheidung weiterhin so —, sei der
Zeitgenosse und ehemalige Freund Friedrichs, der
Dresdener Arzt und gewiß über das übliche Maß
begabte Malerdilettant Carl Gustav Carus, der, wie
man weiß, früher schon oft mit Friedrich verwech-

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seit wurde. Nach Dilettantenart nahm er, gewiß
ohne böse Absicht und mehr mechanisch, wechselnd
die Malweise seiner Freunde an. Man kann gern
zugestehen, daß vielleicht Friedrich dieses eine
Hochgebirgs-Motiv von ihm, also diesmal nicht um-
gekehrt, übernommen hat.

Aber daß das seither schon in der Nationalgalerie
befindliche Bild das weitaus bessere ist und von der
Hand Friedrichs stammt, darüber kann für jeden,
der beide nebeneinander sah, gar kein Zweifel be-
stehen; es ist groß und flächig gemalt und hat vor
allem jene wunderbare Atmosphäre, mit der Fried-
rich den späteren Impressionismus schon vorgefühlt
hat. Das neu aufgetauchte ..Duplikat"" dagegen ist,
ganz in der Art von Carus, die man in der Leih-
gaben-Sammlung Lahmann in der Dresdener Ga-
lerie vergleichen kann, von einer peinlichen Härte
und Luftlosigkeit, die den Hintergrund nach vorn
schiebt und damit die Bäumlichkeit zerstört. Die
Akten über diesen „Fall"' darf man schnell wieder
schließen. Hellwag
 
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