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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Gut, Albert: Die neue Wandelhalle mit Brunnentempeln in Bad Mergentheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0035

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sein. Mit einer spielenden Leichtigkeit, einer archi-
tektonischen Heiterkeit erheben sie sich in das Blau
des Himmels, daß auch der Kranke, der in ihnen seiner
Gesundheit lebt, die Räume innerlich freier und be-
schwingter verlassen muß, weil er einen Teil des See-
lischen, dem der Architekt hier baulichen Ausdruck
verlieh, in sich aufgenommen hat.
Wie dieses Leichte und Beschwingte auch in der
architektonischen Ausgestaltung im einzelnen ver-
wirklicht ist, mag lediglich am Beispiel der Ausbil-
dung der Decken gezeigt werden. Sämtliche Hallen-
decken sind innerhalb der durch leichtprofilierte
Holzstäbe hergestelltenKassetten mit Strohgeflechten
ausgeschmückt, und zwar ist die Decke der Wandel-
halle mit naturfarbenem Palmblatt ausgelegt, wäh-
rend diejenige der Karlsquelle mit rotem, jene der
Albert- und Wilhelmsquelle mit blauem Palmblatt
durchwirkt ist. Diese Ausbildung verleiht denDecken
nicht nur eine mit den gläsernen Wänden überein-
stimmende Leichtigkeit, sondern sie bringt auch
erhebliche Vorteile hinsichtlich der Hörsamkeit der
Räume mit sich. In ähnlicher Weise sind die Unter-
sichten des eisernen Vordaches mit Füllungen aus
Holzspan-Geflechten Aersehen, wodurch dieses fast
den Eindruck erweckt, als ob es gewichtlos sei. Zu-
gleich sichert aber das naturfarbene Holzwerk, das bei
den niedrigen Zwischenbauten zwischen den Hallen

zur Verwendung gekommen ist, die freundliche Stim-
mung, die das ganze Bauwerk als kennzeichnendes
Merkmal auszeichnet.

Kein Geringerer als Paul Bonatz hat den Gesamt-
eindruck des schönen Architekturwerkes, das hier in
Mergentheim entstanden ist, mit folgenden Worten
zusammengefaßt:

„Endlich einmal ein Bauwerk mit Anmut und leich-
tem Spiel!

Kranke suchen hier Heilung, und der Bauplatz ist
unter hohen Bäumen stark eingeengt.
Alles Schwere und Bedrückende mußte hier ver-
mieden werden.

Wenn irgendwo, dann ist die leichtbeschwingte Ton-
art hier am Platze.

Wie aber dieser Eindruck der beglückenden Leichtig-
keit erreicht wurde, das verdient bis in alle Einzel-
heiten hinein verfolgt zu werden:
in den schlanken Eisenbetonstützen,
den hochstrebenden Fenstern,
dem flachausladenden Gesims mit leichtem Dach,
den freien Arkaden mit dünnen Eisensäulen:
wie diese übergehen in die gutgegliederte Decke,
wie die Decke selbst gemacht ist —,
das alles ist meisterhaft.

Es ist ein Formgesetz aufgestellt und dieses ist durch-
gehalten bis ins Letzte!'

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Foto-Ohler

Bad Mergentheim. Die Karlsquelle

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