derts zu uns, ein gebildeter, aber unverbildeter wären sie seine mitlebenden Kollegen. Er kümmert
Mann, der auch in der Beurteilung alter Kunst sich nicht um die vierhundert Jahre Entwicklung,
seinen Augen mehr traute als der Kunstgeschichte. die dazwischen liegen. Er nimmt die Bilder so wie
Hier urteilt einer von sich aus. nicht historisch oder sie sind: keine historische Rücksicht bindet ihn. Er
sonstwie, sondern so wie er — und nur er — emp- kümmert sich nicht um Entwicklungsphasen, die im
findet. Wir wollen die einseitigsten Urteile Boeck- Xorden anders als im Süden verlaufen mußten. Er
lins aussuchen, die am wenigsten Aussicht auf Zu- urteilt als Augenmensch unhistorisch, ungerecht.
Stimmung haben: nämlich die Lrteile über die alten aber ehrlich.
italienischen Meister. Über die alten Floren- Einem Journalisten erzählte Uhde, wie sein Vater
tiner: ..Diese Florentiner! Wenn man von den Nie- mit ihm zur Erkundigung zu \\ ilhelm von Kaul-
derländern kommt — Xacht wird's . . . Beobachtun- bach ging. ,,Ich hatte eine Menge Zeichnungen und
gen machen gibt's nicht. Xach fünfzig Jahren hat Malereien mitgeschleppt, die ich vorlegte. Aber er
Ghirlandajo noch nicht gesehen, daß gewisse Far- sah sie kaum an und sagte bloß: ,Pfui Teufel, das
ben immer vortreten (das ist ihr Charakter, bei dem sieht ja ganz aus wie Menzel!' Ich hatte in der Tat
der Maler sie fassen muß), daß z. B. (in der Natur) diesem nachgezeichnet. Er fand es also gräßlich und
gewisse Rot in vers ;hiedenen Entfernungen ver- erzählte von Menzel, vor dem ihm grauste: im übri-
schieden wirken. Er aber setzt dasselbe hinten und gen sollte ich nur Maler werden." Trotzdem der
vorn hin. Kein Raum daher, keine Ruhe folglich. junge Fhde also Menzel nachgezeichnet hatte und
Und nun: nicht einmal eine künstlerische Rech- der alte Kaulbach Menzels Art scheußlich fand,
nung. eine größere, haben sie machen können . . . blieb er doch unbefangen genug. Uhde zu raten.
Wo ein leerer Raum bleibt, wird ein Gewandschnör- Maler zu werden. Frappierend ist LThdes L'rteil
kel oder ein Blumentöpfchen hingemalt. Eine Wir- über Munkacsy. bei dem er später einige Zeit Un-
kung, die mit dem Teppich, mit der Mauer usw., terricht genoß. ..Er konnte ja ungeheuer viel. Die
einmal entdeckt, wird unerbittlich -weiter benutzt Modernen von verwandter Art, die man so rühmt,
als das A und O . . . .\rmliche hohle Gesellen sind selbst Leibi, können ihm in seiner guten Zeit nicht
diese Botticelli usw. Während so ein Van-Eyck- das Wasser reichen." Man sieht auch hier wieder:
Schüler durchempfunden ist bis ins Kleinste, und der urteilende Künstler spricht vor allem von dem
doch all dies Kleine nur wieder aus der liebevoll großen Können seines Kollegen: die ästhetischen
durchempfundenen, alles belebenden Idee, aus dem Prinzipien erwähnt er nicht einmal. Über densel-
Großen heraus, als mit dem Ganzen Eins er- und ben Munkacsy urteilte der feine Thomas Herbst,
emp-funden ist. Daneben nun die besten Italiener daß ihm Munkacsy immer als eine Art Hochstapler
als Maler . . . Xehme man selbst jedes Bild von im Gedächtnis geblieben sei. Wie unabhängig von
Tizian, z. B. die Jiegende Venus' (Uffizien) und der herrschenden Kunstmeinimg aber auch Thomas
sehe sich den grünen Vorhang an. Meinetwegen Herbst urteilen konnte, beweist sein Ausspruch,
hatte Tizian sich schon ausgesprochen und wollte daß ..Andreas Achenbach zw-ar falsche Richtung
sich nun nicht mehr unnütz mit Nebendingen auf- sei. aber daß er mehr Talent habe als Claude
halten. Aber er brauchte, bei der andeutenden Be- Monet".
handlung. nicht zu zeigen, daß er nicht wußte, wie Von Degas, der nicht nur ein großer Maler, son-
solch Stoff in der Ferne dem auch ein geistvoller
wirkt, wie er fällt usw____ Mensch war. sind viele
Wir haben da einen Peru- typische Aussprüche über-
gino mit seinen ganz ge- JPBRpS^. liefert. Vor einem Kolos-
wöhnlicheu.gemeinenAte- W**^Md0'mt^ salgemälde von Roche-
lierkniffen — und wenn iM^li IF^Wf^ grosse im Pariser „Salon",
gleich darauf Fra Barlo- ^M?!^^*!^ sTlfr #$* dessen Riesendimensionen
lomeo sich eine Bettdecke y ^<AyW^^jt \ aller Blicke auf sich zo-
hinlegt und sie nachmalt, W iwU a ^ȟ^^g- , i1 gen. stand Degas und
wird der Kohl auch nicht jZrW w Jjff'frYF I \ \(/ sagte: .Gott, wie klein!"
Setter." Man merkt sofort: t&^%^^Mr x jtt \ fr lliesen drei Worten
hier urteilt einer vom P^£ffr j ,1«J* , V^Jtfll^ j*' 1 sind die anspruchsvollen,
Fach, ein Maler, der sein WT/ll ' 'Im / figurenreichen Riesen-
Handwerk verstellt. Man ^^ämiklJ l • HfmJmrVWr^W \ / schinkendiesesPathetikers
merkt weiter: er beurteilt U W V ^SfiklBÜmr^lA I auf ihr bescheidenes inne-
die alten Italiener, als s. /rl%t\±Wt..<mmm. /I ras Maß zurückgeführt.
Scherenschnitt von
Emmyvon der Heyde
Mann, der auch in der Beurteilung alter Kunst sich nicht um die vierhundert Jahre Entwicklung,
seinen Augen mehr traute als der Kunstgeschichte. die dazwischen liegen. Er nimmt die Bilder so wie
Hier urteilt einer von sich aus. nicht historisch oder sie sind: keine historische Rücksicht bindet ihn. Er
sonstwie, sondern so wie er — und nur er — emp- kümmert sich nicht um Entwicklungsphasen, die im
findet. Wir wollen die einseitigsten Urteile Boeck- Xorden anders als im Süden verlaufen mußten. Er
lins aussuchen, die am wenigsten Aussicht auf Zu- urteilt als Augenmensch unhistorisch, ungerecht.
Stimmung haben: nämlich die Lrteile über die alten aber ehrlich.
italienischen Meister. Über die alten Floren- Einem Journalisten erzählte Uhde, wie sein Vater
tiner: ..Diese Florentiner! Wenn man von den Nie- mit ihm zur Erkundigung zu \\ ilhelm von Kaul-
derländern kommt — Xacht wird's . . . Beobachtun- bach ging. ,,Ich hatte eine Menge Zeichnungen und
gen machen gibt's nicht. Xach fünfzig Jahren hat Malereien mitgeschleppt, die ich vorlegte. Aber er
Ghirlandajo noch nicht gesehen, daß gewisse Far- sah sie kaum an und sagte bloß: ,Pfui Teufel, das
ben immer vortreten (das ist ihr Charakter, bei dem sieht ja ganz aus wie Menzel!' Ich hatte in der Tat
der Maler sie fassen muß), daß z. B. (in der Natur) diesem nachgezeichnet. Er fand es also gräßlich und
gewisse Rot in vers ;hiedenen Entfernungen ver- erzählte von Menzel, vor dem ihm grauste: im übri-
schieden wirken. Er aber setzt dasselbe hinten und gen sollte ich nur Maler werden." Trotzdem der
vorn hin. Kein Raum daher, keine Ruhe folglich. junge Fhde also Menzel nachgezeichnet hatte und
Und nun: nicht einmal eine künstlerische Rech- der alte Kaulbach Menzels Art scheußlich fand,
nung. eine größere, haben sie machen können . . . blieb er doch unbefangen genug. Uhde zu raten.
Wo ein leerer Raum bleibt, wird ein Gewandschnör- Maler zu werden. Frappierend ist LThdes L'rteil
kel oder ein Blumentöpfchen hingemalt. Eine Wir- über Munkacsy. bei dem er später einige Zeit Un-
kung, die mit dem Teppich, mit der Mauer usw., terricht genoß. ..Er konnte ja ungeheuer viel. Die
einmal entdeckt, wird unerbittlich -weiter benutzt Modernen von verwandter Art, die man so rühmt,
als das A und O . . . .\rmliche hohle Gesellen sind selbst Leibi, können ihm in seiner guten Zeit nicht
diese Botticelli usw. Während so ein Van-Eyck- das Wasser reichen." Man sieht auch hier wieder:
Schüler durchempfunden ist bis ins Kleinste, und der urteilende Künstler spricht vor allem von dem
doch all dies Kleine nur wieder aus der liebevoll großen Können seines Kollegen: die ästhetischen
durchempfundenen, alles belebenden Idee, aus dem Prinzipien erwähnt er nicht einmal. Über densel-
Großen heraus, als mit dem Ganzen Eins er- und ben Munkacsy urteilte der feine Thomas Herbst,
emp-funden ist. Daneben nun die besten Italiener daß ihm Munkacsy immer als eine Art Hochstapler
als Maler . . . Xehme man selbst jedes Bild von im Gedächtnis geblieben sei. Wie unabhängig von
Tizian, z. B. die Jiegende Venus' (Uffizien) und der herrschenden Kunstmeinimg aber auch Thomas
sehe sich den grünen Vorhang an. Meinetwegen Herbst urteilen konnte, beweist sein Ausspruch,
hatte Tizian sich schon ausgesprochen und wollte daß ..Andreas Achenbach zw-ar falsche Richtung
sich nun nicht mehr unnütz mit Nebendingen auf- sei. aber daß er mehr Talent habe als Claude
halten. Aber er brauchte, bei der andeutenden Be- Monet".
handlung. nicht zu zeigen, daß er nicht wußte, wie Von Degas, der nicht nur ein großer Maler, son-
solch Stoff in der Ferne dem auch ein geistvoller
wirkt, wie er fällt usw____ Mensch war. sind viele
Wir haben da einen Peru- typische Aussprüche über-
gino mit seinen ganz ge- JPBRpS^. liefert. Vor einem Kolos-
wöhnlicheu.gemeinenAte- W**^Md0'mt^ salgemälde von Roche-
lierkniffen — und wenn iM^li IF^Wf^ grosse im Pariser „Salon",
gleich darauf Fra Barlo- ^M?!^^*!^ sTlfr #$* dessen Riesendimensionen
lomeo sich eine Bettdecke y ^<AyW^^jt \ aller Blicke auf sich zo-
hinlegt und sie nachmalt, W iwU a ^ȟ^^g- , i1 gen. stand Degas und
wird der Kohl auch nicht jZrW w Jjff'frYF I \ \(/ sagte: .Gott, wie klein!"
Setter." Man merkt sofort: t&^%^^Mr x jtt \ fr lliesen drei Worten
hier urteilt einer vom P^£ffr j ,1«J* , V^Jtfll^ j*' 1 sind die anspruchsvollen,
Fach, ein Maler, der sein WT/ll ' 'Im / figurenreichen Riesen-
Handwerk verstellt. Man ^^ämiklJ l • HfmJmrVWr^W \ / schinkendiesesPathetikers
merkt weiter: er beurteilt U W V ^SfiklBÜmr^lA I auf ihr bescheidenes inne-
die alten Italiener, als s. /rl%t\±Wt..<mmm. /I ras Maß zurückgeführt.
Scherenschnitt von
Emmyvon der Heyde