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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Eckstein, Hans: Maillol: zu seinem 75. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0108

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Foto Spreng, Basel

Aristide Maillol. Die Nacht

tet: ..Sie müssen dann nicht vor allem die gute Aus-
führung suchen. In einem letzten Sinne kommt es
auf die gute Ausführung niemals an. Aher daß es
auf die gute Ausführung ankomme, ist ein großer
und allgemein verbreiteter Irrtum. Wenn es so
wäre, hätten wir viel mehr gute Künstler. Man
kann, im Handwerk, ein großer Gelehrter sein,
ohne in seinem Wesen auch nur eine Spur wirk-
lichen Künstlertums zu besitzen."' Und dann gibt
Maillol dem jungen Bildhauer den Rat. seine Ge-
stalten immer ,,auf geometrische Weise" zu bauen:
„Sie dürfen auch nicht zu viel nach einem einzigen
bestimmten Modell arbeiten wollen, sonst werden
sie von seinen Zulälligkeiten abhängig. Avec le
modele, il ne faut que corriger la nature. Sie kön-
nen nur dann das Modell gut gebrauchen, wenn
Sie das Ganze einer Gestalt schon gesichert haben.
Das Ganze sichern Sie nur aus der geometrischen
Form. Und wenn man das Ganze hat, so ist es
leicht, im Einzelnen zu ändern und zu verbessern!'"
So schlicht und klar, wie ein einfacher Handwer-
ker, dem es nicht liegt, viele Worte zu machen, hat
sich Maillol immer über das bildhauerische Schaf-

fen geäußert. Er hat immer den Instinkt mehr be-
fragt, als den Verstand. Nicht aus dem Gedank-
lichen, sondern aus einer gesunden, ursprünglichen
Sinnlichkeit ist ihm die große Form erwachsen.
Seine Lehre ist das Werk selbst.

Wenn die Entwicklung der Plastik auch Maillol
nicht in dem Maße gefolgt ist, wie man es vor dem
Kriege vielleicht glaubte voraussagen zu dürfen,
und wenn die neuere Entwicklung auch großenteils
wieder bewußt von ihm wegdrängt, so wird seine
Wirkung dennoch nicht zeitlich begrenzt bleiben.
Sein Werk, in dem das Urphänomen des Plastischen
Erscheinung wurde, wird wie die archaische Pla-
stik der Griechen, von künstlerischen Wandlungen
durch Zeiten unabhängig, w irkende Geltungbehalten,
wie es auch von keiner Krise unserer Zeit ein volles
Menschenalter hindurch erschüttert wurde.— Haben
MaillolsGestalten.die in ihrer gesundheitsstrotzen den
Körperlichkeit würdig sind wie antike Götter, uns
nicht auch für die archaische Plastik der Antike,
die herrlichen Skulpturen von Olympia die Augen
erst richtig geöffnet?

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