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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Busch, Harald: Friedrich Wasmann, der Nazarener
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0117

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Friedrich Wasmann. Abend in Tirol. Kunsthalle Hamburg

zu Lebzeiten war der stille. 1855 aus Seelennöten
heraus zum Katholizismus und seinen Gewißheit
spendenden Sakramenten übergetretene nieder-
deutsche Maler eigentlich verschollen. Im Kreise
seiner Frau und Kinder war unauffällig sein Leben
verlaufen. Davon. Avas er als Künstler bedeutet
allen, die darum fragend sich bemühen, wußte kei-
ner. Friedrich Wasmann. der. 1805 in Hamburg-
geboren, ebendort zuerst, dann in Dresden. Mün-
chen, in Tirol, in Rom mit Koch, Speckter, Over-
beck, Janssen zusammen, und wieder in Hamburg,
als Maler sich aus- und weitergebildet, bis er 1846
in die Stille der Meraner Bergwelt endgültig einge-
taucht war und hier seine Werke geschaffen, die
doch — ohne daß er. der den alten Meistern nach-
strebte, darum gewußt haben mag — merkwürdig
revolutionär und zukunftweisend sind, Wasmann.
dieser Friedrich Wasmann mußte überhaupt erst
entdeckt werden.

Als man Wasmann dann kennenlernte, war es die
Zeit, da man die erst einmal wie jede neuartige
Kunst gründlich verkannte Malerei der großen Im-
pressionisten plötzlich wie eine Offenbarung zu er-

fassen begann: die Zeit aber auch, in der daraufhin
die allzuvielen Mit- und Nachläufer die Schaffens-
art jener zum allgemeinen Stilrezept, zur Mode aus
zuwalzen begannen und so schicksalhaft das damals
schon sich regende Neue, das ein Darüberhinaus
werden wollte, zu einem nun scharf und kompro-
mißlös schneidenden Protest herausforderten. Vor-
ab aber war man erst dabei, den Impressionismus
zu entdecken; und so fand man denn auch in den
Farbenstudien des bis dahin unbekannten Was-
mann frohlockend geradezu die historische Bestäti-
gung des eignen, die Vorahnung des damaligen Er-
lebens und Erstrebens: des geist- und temperament-
voll abkürzenden persönlichen Ausdrucks grenzen-
los genießender Hingabe an die Reize der in tau-
send Tönungen der Farbe schwingenden, in Licht
und Dämmer schwebenden und webenden gött-
lichen Erdenwelt.

So wurde Wasmann zum Vorkämpfer erklärt einer
aller Bindungen befreiten Malerei, der — wie man
wähnte — allein seligmachenden damaligen Mo-
derne: Freilichtmaler. Vorimpressionist. LTnge-
heuer die Menge an Funden von Arbeiten des

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