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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 52.1936-1937

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Bender, Ewald: Die Ordensburgen Vogelsang und Crössinsee
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https://doi.org/10.11588/diglit.16484#0183

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erreicht hat, steht vor niedrigen rechtwinklig abge-
bogenen Gebäudetrakten, in denen die Wache, Ver-
waltung und Angestelltenwohnungen untergebracht
sind. Links auf einer Anhöhe sieht er die vor kur-
zem erst fertiggestellte Burgschenke mit der umlau-
fenden Terrasse, von rechts grüßt der kantige
Turm des Gemeinschaftshauses. Hier empfängt er
den ersten Eindruck von der kraftvollen Schönheit
der Werkstoffe: des graublauen oder rötlich-gelben
Eifelbruchsteins, der in kunstvoller Mischung das
Mauerwerk mit farbigem Leben erfüllt, des Mosel-
schiefers als Dachbedeckung, des Naturholzes, dem
er im Tordurchgang wie später in der Wandelhalle
als Eichenstütze begegnet und das er in Innenräu-
men als offenes Dachgebälk wiederfinden wird.
Er durchschreitet den Adlerhof, der mit Brunnen-
schale, sitzenden Adlern (von dem Bildhauer
W. Melier geformt), mit den unregelmäßigen,
grobgefugten Bodenplatten im Zeichen des Mu-
schelkalks steht, überquert die anschließende Wan-
delhalle und tritt auf die Freitreppe, die nach bei-
den Seiten zum Appellplatz absteigt. Nun erfährt
er, warum die Burg gerade hier gebaut wurde. Tief
unten das Becken des Urftsees, gegenüber die eigen-
willig in ihn einschneidenden und mit ihren bewal-
deten Hängen und Kuppen vielgestaltige Ufer bil-
denden Berge. Große und herbe Linien, kühle Far-
ben, der weite Himmel, ein rauher Wind: diese
Landschaft scheint von einem fremden Planeten
auf unsere Erde gefallen. In ihr hatte sich der
Architekt zu behaupten, ihr sollte er, wenn mög-
lich, noch Gewaltigeres entgegenstellen. Ein schnel-
ler Blick unter uns auf die mit niederen Latschen
bepflanzten Rasenböschungen, die symmetrisch ge-
lagerten Fünfergruppen der Unterkunftshäuser, die
steil gereihten Stufen der Feierstätte und deren
bastionartig ausgebaute Kanzel, endlich den ellip-
tischen Sportplatz. Wir stehen in der ungefähr

Nord-Süd verlaufenden Hauptachse und empfinden
stark die geometrische Ordnung des Lageplans.
Aber erst, wenn wir die Treppen im Zickzack bis
zum Sportplatz abgestiegen sind, gewinnen wir im
Aufblick den vollen Eindruck der Bauwerke. Nun
erst werden die gestaffelten Terrassen und Treppen,
die parallel übereinander angeordneten Unter-
kunftshäuser, werden vor allem die sie gewaltig
umklammernden, insgesamt 210 m langen Flügel-
bauten hoch oben zu einem Raumerlebnis. Mit un-
trüglicher Sicherheit ist der Maßstab ermittelt,
nach dem die Baukörper einander, dem Bergmassiv,
der Landschaft zugemessen sind. Während die reiz-
vollsten Überschneidungen das Auge zu beschäfti-
gen suchen, wird es doch immer wieder der monu-
mentalen Baumasse zugelenkt, die mit unerschüt-
terlicher Gelassenheit den Bergrand besetzt hält.
Die schöne Geschlossenheit dieser Bauanlage des
ersten Abschnitts wird auch durch die an den seit-
lichen Hängen und auf dem Rücken des Berges ge-
planten Erweiterungsbauten nicht gestört werden,
die teilweise bereits in Angriff genommen sind.
18 m über dem Niveau des Gemeinschaftshauses
wird sich, als der geistige und architektonische Mit-
telpunkt der größeren Ordensburg, das „Haus des
Wissens" erheben. Es wird, eine Fläche von
100 :500 m bedeckend, aus einer Festhalle mit
2000 Sitzplätzen, einem Glocken- und Orgelturm
und zweigeschossigen, einen Innenhof umschließen-
den Bibliotheks- und Seminargebäuden bestehen.
Auf dem Modell des Endzustandes erkennt man, wie
sich um diese monumentale Baugruppe in einem
weiten Viereck das Gemeinschaftshaus für weib-
liche Angestellte, ein Krankenhaus, das Gästehaus,
der von der Reithalle und Stallungen für 200 Pferde
umschlossene Reitplatz, ein Garagenbau gruppie-
ren. Die im Rohbau bereits fertige Hauptwache
überspannt die Straße, und im Westen bildet das

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