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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

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Bredt, Ernst Wilhelm: Mehr Wahrheit und Persönlichkeit in Jedermanns Heim, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0068

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Seite 50.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

April-Heft.

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sollte auch der Fürst, der sich des hohen
Werthes eines guten Beispiels bewusst ist,
gern dem biederen Manne aus dem Volke
an der schönen edlen Einfachheit seiner
Wohnräume eine schätzenswerthe Lehre
bieten. — In diesem Aufsatze den Stand
der Offiziere zu erwähnen, mag auf's erste
überflüssig erscheinen. Der Offizier hat
gewiss dienstlich alles andere zu thun, als
sich mit den schönen oder angewandten
Künsten zu beschäftigen — thut er es aber
ausserdienstlich, so geschieht es von ihm
als einem Privatmanne. Und doch muss
hier der vornehme Wehrstand eine beson-
dere Rolle einnehmen, da in ihm die Sub-
ordination doch auch ins Privatleben ein-
greift. Ich weiss von einem Flügeladjutanten
eines süddeutschen Fürsten, dass er die
jüngeren Offiziere seines Regiments mit
Erfolg auffordert, die Museen für Kunst
und Kunstgewerbe häufig zu besuchen und
sich da und dort statt für andere »noble
Passionen« ungeheure Summen zu ver-
geuden, wirklich gute Sachen von Bildern
zu kaufen. Er fordert dies nicht nur von
ihnen als die Pflicht eines gebildeten Mannes,
sondern er geht seinen Kameraden — da
er sein Kunstverständniss durch fleissiges
Anschauen auf eine für einen modernen
Krieger erstaunliche Höhe gebracht hat —

Abbildung Nr. 795. Vorplatz mit eingebauter Treppe und Kamin-Sitz.
Entwurf von Jos. Draeger, Wien.

gekehrt, das »Strahlende zu schwärzen« anfangen, es wird
verständnisslos im Prunk nur das Zwecklose sehen und
auf das schöne Zwecklose neidisch blicken. Wäre es des-
halb nicht vom ethischen Standpunkte aus wünschenswert!],
wenn in der Zeit ihrer Abwesenheit die Fürsten dem
Volke auch einen diskreten Blick in ihre eigentlichen Wohn-
räume gestatteten? Hier aufmerksam gemacht, wie auch
das nöthigste Nutzgeräth eines einfachen aber jedenfalls
künstlerischen gediegenen Schmuckes, einer schönen Form
nicht entbehrt, wird auch die Familie aus dem Volke, zu
den heimischen Penaten zurückgekehrt, doch hier und da
auf den Gedanken kommen, dass auch sie ihrem fast nur
aus nützlichen Gegenständen bestehendem Haushalte doch
bei bescheidenen Mitteln ein dem Auge reizvolleres Aeussere
geben könnten! Vielleicht werden dann mehr mit Goethe
denken:

Der ist am Glücklichsten, er sei ein König oder ein Geringer,
Dem in seinem Hause Wohlbereitet ist.

Dies Anliegen ist gewiss nicht ein sehr bescheidenes zu
nennen. Wenn schon der Bürgersmann nicht gern den
Fremden in sein Wohn- oder gar Schlafzimmer blicken
lässt, wesshalb sollen sich da diese Unbequemlichkeit die
auf den einsamen Höhen der Menschheit Wohnenden auf-
erlegen, die so wie so schon so viele Freiheiten entbehren,
deren sich der Geringste ihrer Unterthanen erfreuen kann ?
Aber gerade wie jener echt künstlerisch Denkende, der
sich nicht scheut, Bekannten zu zeigen, wie er z.B. mit
weiser Einsicht und Absicht das traute eheliche Schlaf-
gemach mit edlem Geräth und Bildwerk geziert hat — so

Abbildung Xr. 796. Erker-Studie. Hartmann & Eben, Chemnitz i. S.
 
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