Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Dedreux, Oskar: Ein Privat-Museum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0096

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Mai-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 75.

beitrugen. Alles war arrangirt nach künstlerischen Gesichts-
punkten. Kein plumpes Nebeneinanderstellen gleichartiger
Gegenstände, was die modernen Kunstgewerbemuseen so
unerträglich macht und sie geradezu zu Aufbewahrungs-
speichern degradirt. In diesem behaglich und sinnig ausge-
statteten Raum, in dem jeder Gegenstand den anderen hob
und doch keiner so weit aus dem Rahmen des Ganzen
heraustrat, dass er das Hauptaugenmerk des Besuchers auf
sich allein gezogen hätte, konnte man verweilen ohne müde
zu werden. Man konnte eine Fülle von Anregungen in sich
aufnehmen und studiren ohne eigentlich zu merken, dass
man studire. Dies war ein grosser Fortschritt und es ist das
unbestreitbare Verdienst Riedinger's, dass er den Grundsatz

Kehren wir zum Riedinger-Museum zurück. Es ist ein
Verdienst Lenbach's, der so viele Verdienste um die dekorative
Kunst hat, vor zu vielen Lichtöffnungen in dem Hauptraum
j gewarnt zu haben. Auf seine Veranlassung wurden von den
acht zuerst in Aussicht genommenen grossen Rundbogen-
fenstern , die eine Fluth von Tageslicht dem Saal zugeführt
hätten, sieben kassirt und nur ein einziges an der Nordseite
gelassen. Diese Verminderung des Lichtes geschah allen
bestehenden Regeln über genügende und günstige Beleuch-
tung von Museumsräumen zum Trotz, aber der Effekt war
ein geradezu überraschender. Es kam eine Art Atelierstim-
mung in den Raum, aber eine .Stimmung von märchenhaftem
Reiz. Wie die Lasurfarbe in der Malerei die verschiedenen

Abbildung Nummer 829. Musik- und Bücher-Zimmer für ein Bürger-Heim. Entwurf: Architekt Hermann Werle, Berlin.

aufstellte und in seinem Museum thatkräftig realisirte: »Nicht
der Gelehrte, der chronologisch langweilig Kunstobjekte in
den Sammlungen aufspeichert, sondern der Künstler, der sie
nach ihrer Wirkung verwendet, soll bei Arrangirung alter
(und neuer) Vorbilder in den Museumsräumen das entschei-
dende Wort sprechen, denn nur dann kommen dem Laien,
dem Lernenden, die Schönheiten und Vorzüge der Stücke
markant zu Bewusstsein.« Die Konsequenzen für das Gewerbe
sind leicht von selber zu ziehen.

Gabriel Seidl, dem freilich die ungeheuren Schätze des
Nationalmuseums zur Verfügung stehen, hat diesen Gedanken
weiter entwickelt und die Schönheit der Anordnung mit der
Forderung der Gelehrten auf chronologische Aufeinanderfolge
in Einklang gebracht. Darum kann man jetzt schon sagen,
dass das neue Münchener Nationalmuseum das Ideal eines
Kunstgewerbemuseums werden wird.

Töne harmonisch zusammenstimmt, so brachte hier das
gedämpfte Licht die heterogensten Gegenstände aus den
verschiedensten Stilepochen zu einheitlicher Wirkung. Ein
jedes Ding schien in diesem weihevollen Raum schon seit
Alters her auf seinem jetzigen Platz gestanden zu haben und
da die Halle mit ihrer einfachen Stuckdecke und schlichten
Architektur wie eine alte wirkte, so trugen sogar die Schäden,
welche Menschen und Zeit den antiken Kunstobjekten zuge-
fügt, geradezu bei, dem Beschauer das Gefühl der Zusammen-
gehörigkeit von Raum und Gegenständen hervorzurufen.
Man möge auch nicht etwa glauben, dass das Museum dunkel
gewesen sei, durchaus nicht; das Licht war so verständig
gewählt, dass man die kleinsten Gegenstände in den Holz-
kästen deutlich und genau betrachten und studiren konnte.

Ich möchte unsere Architekten und Dekorateure ganz
speziell auf oben erwähntes Moment aufmerksam machen,
 
Annotationen