Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Metzger, Max: Ueber moderne Beschläge
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0189

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oktober-Heft

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 157.

Man findet bei manchen unserer hervorragendsten Schöpfer
in der dekorativen Kunst eine gewisse zutage tretende
Vorliebe für rein dekoratives Beschläge, d. h. für Beschläge,
das inbezug auf Ausdehnung über die Fläche weit über
das nothwendige Mass sich wagt. Offenbar hat die interessante
Flächenzertheilung, die uns aus den Zeiten des Mittelalters
und der Renaissance, als das Beschläge in ausgiebigster Weise
verwendet wurde, so dass es durchschnittlich ein Zehntheil
der Holzfläche bedeckte, bekannt ist, es den Künstlern
angethan. Dass derartige auf die Fläche gelegten rein dekora-

als die gespundete Holzfläche wenig Gelegenheit zur eigenen
Ausschmückung bietet. Wenn nun ferner in jenen Zeiten
die Thüren oft derart mit Eisen beschlagen wurden, dass
durchbrochene Eisenplatten das ganze Holzwerk überkleiden,
wobei durch Ziernägel, durch Felderbildung, durch getriebene
und aufgesetzte Arbeit, durch Bemalung, Hinterlegen mit
farbigem Stoff oder Leder eine reiche Wirkung erzielt wurde,
so lässt sich doch für unsere heutige Herstellungsweise und
für die heute obwaltenden Bedürfnisse kein recht plausibeler
Grund zu derartigen Nachahmungen finden. In England ist

Abbildung Nr. 926. Königl. Hofbräu-Haus zu München. Oberer Restaurations - Saal. Architekten Heilmann & Littmann, München.

tiven Metall-Arbeiten in unserer heutigen eigenthümlichen
Geschmacksentwickelung eine Zukunft haben sollten, möchte
ich für meinen Theil nicht glauben. Ganz anders liegt die
Sache, wenn durch die Konstruktion eine derartige Ausbrei-
tung motivirt ist, wie z. B. bei unseren modern-gothischen,
aus der tiroler Bauerngothik abgeleiteten Möbeln. Dort
werden die Flächen aus schmalen Brettstreifen zusammen-
gespundet und die Beschläge bilden in ihrer langgestreckten
Form die Querverbindung. Auch die Kreuzungsbänder und
Winkelbänder finden dort ihre Begründung. Wenn diese
Bänder ausser ihrem konstruktiven Zweck noch den weiteren
haben, zu schmücken, so liegt diese Absicht um so näher,

man ja sogar schon soweit gegangen, durch derartige
metallische Flächenverzierung gewissermassen die Intarsia zu
ersetzen. Man sieht an Schränkchen und Arbeitstischchen,
neben sehr langen und sehr schlichten Bändern, dekorative
Mittelstücke von stattlicher Grösse in durchbrochener Blech-
Arbeit (heimkehrende Hirtenfamilie, Vögel im Geäst usw.),
die fast die ganze Holzfläche in Anspruch nehmen. Als
reine Holzflächenverzierung ist jedenfalls die Intarsia die
logisch richtigere. Wenn dennoch vom Künstler hin und
wieder zu der Metall-Arbeit gegriffen wird, so ist das natürlich
kein Unglück; aber die verständnissloseste Nachahmungssucht
und der seichteste Dilettantismus haben in England schon
 
Annotationen