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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

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Metzger, Max: Ueber moderne Beschläge
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https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0190

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Seite 158.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Oktober-Heft.

von dieser »neuen« Verzierungsweise Besitz ergriffen und
das führt zu bedauerlichen Geschmacksverirrungen. Wenn
derartige metallische Mittelstücke, die dekorativ auftreten,
noch einem besonderen Zwecke dienen, so steht die Sache
schon anders. In Deutschland hat z. B. A. Endell reine
Gebrauchsmöbel mit modernen Stilelementen geschaffen, bei
denen das Schlossblech mit seinen originellen Auswüchsen
die ganze Holzfläche fast bedeckt und jeden weiteren Schmuck
überflüssig macht. Die Idee ist hochoriginell und die Wirkung

Abbildung Nr. 927. Pschorrbräu-Bierhallen zu München. Architekten Heilmann & Littmann, München.

ist einfach überraschend. Was durch die nicht übertriebene
Ausspinnung vom Schlossblech aus an Holzfläche übrig bleibt,
wird durch das übrige Beschläge dekorirt, das in feingeglie-
derten kapriziösen Linien, unter Anklängen an phantastische
Seethier-Gestalten oder an wundersame Orchideen, sich in
graziöser Weise ausbreitet. Die gothisirende Art der Einzel-
behandlung zeugt von einem feinen Erfassungsgefühl für die
Ursachen früherer dekorativer Wirkungsweise. In Belgien
lehnt H. P. Berlage wiederum in seinen Beschlägen an die
primitivsten Formen der mittelalterlichen Beschläge an und
sucht die Holzfläche durch Zungenbänder zu theilen.

Wenn bei Thüren und Möbeln an Stelle der gespundeten

Arbeit die gestemmte tritt, also das Rahmen- und Füllungs-
werk, so kann das Beschläge nicht mehr die ganze Fläche
überziehen. Die dekorative Behandlung der Füllungen wird
bei dieser Konstruktionsweise der Schnitz- oder der Intarsia-
technik am richtigsten überlassen bleiben. Das Band wird
seine ornamentale Entwickelung also auf das Rahmenwerk
beschränken müssen und in die Breite gehen statt in die
Länge. Das Fisch- oder Schippenband, wie diese Form heisst,
kann nur durch Aussägungen, Hinterfütterungen, Einhau-

ungen, Treibarbeit, Aetzung,
Gravirung etc. verziert werden.
Es eröffnet sich also auf diesem
Gebiete ein weites Feld künst-
lerischer Bethätigung. Vielleicht
findet in nächster Zeit bei uns
in Deutschland das Beschläge
ebenfalls eine so auffallende Be-
achtung wie in England, wo
thatsächlich eine grosse Schaar
von Künstlern nur mit dem
Entwerfen von Beschlägen sich
beschäftigt.

Es war bisher im wesent-
lichsten nur vom Möbelbeschläge
die Rede, obwohl das meiste
auch auf Fenster- und Thür-
beschläge Anwendung finden
kann. Viel ist zur Zeit vom
letzteren noch nicht zu hoffen,
weil wir immer noch in der
Zeit des schamhaften Versteckens
desselben leben. Sobald unser
Thür- und Fenster - Beschläge
wieder neben dem reinen Ge-
brauchs - Beschläge auch zum
Schmuck - Beschläge erhoben
wird, werden wir auch auf diesem
besonderen Theilgebiete eine
Blüthezeit der Kunstschmiede-
und Bronze- oder auch Messing-
treib-Technik erleben. Das Be-
schläge bräuchte deshalb nicht

— wie man oft befürchten hört

— an seiner praktischen Seite
verlieren. Nur beim Schloss
wird für Bauarbeiten nicht viel
zu erlangen sein. Die Sicherheit
geht über die Schönheit. Die
eingeschobenen Schlösser wer-
den deshalb wohl für lange Zeit
noch ihren Platz behaupten und
der Kunstbethätigung kein her-
vorragendes Feld bieten. —

Hoffentlich kommt es aber mit allen den Zier- und Schmuck-
Beschlägen , die doch diesem Zwecke erst in zweiter Linie
dienen sollten, nicht etwa so, wie wir es schon einmal Ende
der siebziger Jahre hatten und zum Theil heute noch haben,
dass man nämlich grossartig als kunstgewerbliche Leistung
ausposaunt, was aus dünnem Eisenblech ausgestanzt und auf-
genagelt nur zu ärgerlichem Hängenbleiben und zu Verletzungen
führt. Sogenannte Beschläge, dünn wie Pappkartons, haben
keinen Zweck und sollten wir von ihnen verschont bleiben.

Eine dankbare Aufgabe harrt noch einer glücklichen
Lösung in modernster Auffassung. Ich habe bis jetzt wenigstens
noch keinen wirklich allen Anforderungen angepassten Ent-
 
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