Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 8): Das alte Europa: Mit 6 Tafeln Abbildungen — Leipzig: Verlag von B.G. Teubner, 1850

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.63452#0164
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
154

Das alte Europa.

Handelsstadt, die in lebhaftem Verkehr mit dem Auslande begriffen
war, fand, wie wir oben sahen, eine Gliederung, eine Rangord-
nung unter den Geschlechtern Statt, die selbst Solons Verfassung
nicht ganz ebnen konnte, denn er führte eine Schatzung nach dem
Vermögen ein.
So lange die griechischen Staatsgemeinden von keinem äußeren
Feinde bedroht wurden, reichten auch die von dem alten Königs-
ihnme ererbten Staatsmittel zur Bestreitung der öffentlichen Aus-
gaben hin; die Unterjochung schwacher Nachbarn, wie z. B. der
Messenier durch die Spartaner, mehrte die Mittel.
Die Hauptbedürfnisse des Staates sind Erhaltung der innern
Ordnung und des inneren Friedens, Polizei und Justiz, die Sicher-
stellung gegen äußere Feinde oder das Kriegswesen und die Er-
haltung der Gunst der Götter. Die daraus erwachsenden Kosten
wurden zunächst von den Staatsländereien bestritten, welche eine
Erbschaft des Königsthums waren. Dem öffentlichen Nutzen waren
demnächst gewidmet die Bergwerke, deren Ausbeute in Athen und
Siphnos an Bürger vertheilt wurde. Den Tempeln stossen Ein-
künfte und Lieferungen von Hörigen, von Stammgenossen, Zehnten
von der Beute und demnächst reiche Weihgeschenke zu; so waren in
Delphi und Dodona ungeheuere Schätze aufgehauft.
Zur Bestreitung der Bedürfnisse der höchsten Gewalt, in pro-
fanen wie in Sachen des Cultus, waren außer dem Einkommen
von Grundstücken die Leiturgien angeordnet, d. h. persönliche
Verrichtung des Dienstes auf eigene Kosten, wie besonders im Kriege
und in Uebung der heiligen Gebräuche. Diese Leiturgien waren in
den erblichen Dynastien genau nach Geschlecht und Stand geordnet.
Dazu gehörten Kriegsdienst mit eigener Ausrüstung, Dienst bei den
Götterfesten, Choregie, Führung von Festgesandtschasten, Speisung
von Stammgenossen, Ausrüstung von Kriegsschiffen.
Eigentliche Abgaben zahlten nur die Periöken in Sparta, dann
die Metoiken von Athen, ursprünglich in Naturalien. Personen-
und Vermögenssteuer blieb etwas Ungewöhnliches. Eine O-uelle
des Staatseinkommens waren Strafgelder und Gütereinziehung von
Bürgern, Beute und Tribut von besigten Feinden, sowie Anleihen
und endlich die Zölle.
In Athen hatte Solon eine Schätzung nach dem Ertrage der
Landgüter eingeführt und vier Classen festgestellt, von denen die
erste 500 Medlmnen und darüber, die zweite, die Ritter, 300—500,
die dritte, die Zeugiten, 200—300, die letzte, die Theten, unter
150 Medimnen Jahresertrag hatte. Die Bürger schätzten sich selbst
ab. Die Finanzverwaltung gehörte zu den Leiturgien; sie war da-
durch vereinfacht, daß alle öffentliche Besitzthümer verpachtet wurden.
Die Tyrannis änderte darin. Denn der Tyrann brauchte zur
Erhaltung der Söldner, seiner glänzenden Umgebung, zur Herstellung
 
Annotationen