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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

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Heft 21 (12. Oktober)
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0138

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138

weich und harmonisch. Das Bild ist, so viel mir bekannt,
noch nirgends sonst ausgestellt gewesen, und wäre gewiß
werth, daß ein tüchtiger Stecher es einem größeren Pu-
blikum zugänglich machte. — Zwei andere Düsseldorfer, H.
Salentin und A. Siegert, sind sonst schon durch be-
deutendere Arbeiten bekannt geworden. Von letzterem
sinden wir jetzt auf der Kunstausstellung ein trauliches,
fleißiges, anmuthiges Werk: „Willkommene Pause"; der
alte, ehenwürdige Herr des Hauses in seinem Lehnsessel ist
eingenickt, und die holde, blühende Tochter, die ihm bis
da vorgelesen, benutzt die Muße, ein Briefchen zu lesen,
daß sie verstohlen aus der Gretchentasche nimmt. Das
Bildchen zieht durch natürliche Bewegung, gesunde
Empfindung und geschmackvolle Behandlung ungemein
an. — Tidemand, dessen Bilder mit norwegischen
Motiven ihn iu die jetzt zu betrachtende Neihe stellen, hat
hier nnr eine ganz kleine „Sonntagsandacht", eine alte
Frau, die in einem Buche liest, ein Bild, das verdient,
genannt zu werden. — Hasenclever's letztes Werk,
„Der erste Schulbesuch", wo ein kleiner Knabe, von seinem
Vater der Dorfschule zugeführt, als ersten Anblick den in
einer Strafexekution begrifsenen hageren Schulmeister an-
trifft, während die übrige Schuljugend alle nur erdenklichen
Tollheiten treibt, ist seiner Conception nach von glücklichem
Humor eingegeben, aber in den Einzelheiten von jenem
gesuchten Wesen nicht frei, das bei Hasenclever auch sonst
oft bemerklich war. Die Farbe in ihrem bleiernen Toue
und ihren grauschwarzen Schatten paßt schlecht zum
Humor.

Jch fasse zuni Schluß diejenigen Maler znsamuien,
die, weil gewöhnlich der Historie in uiaunigfachen Modi-
fikatiouen zugewendet, auch im Genre einen gewisseu groß-
artigen Stil beibehalten. W. Camphausen's „Schot-
tischer Jäger", der auf einsamer HLHe neben dem erlegten
Hirsch den Gefährten das Hornsignal zuLläßt, ist eiu ziem-
lich umfangreiches, poesie- und lebenvolles, warm nnd
frisch kolorirtes Bild. — Horace Veruct's „Schlitten",
kleine Wiederholung seines berühmten Bildes, ist jetzt
kanm im Stande, Enthusiasmns zu erregen, wenngleich es
iinnier trefflich Lleibt. — Ungünstiger sind Kaselowsky,
nnd besonders Louis Gallait vertreten. Des ersteren
„Mutterliebe" in lebensgroßen Fignren ist zwar schvn ge-
zeichnet und gemalt, aber es entbehrt des Liebreizes, den
vies Sujet vor allem erfordert. Ans Gallait's „Genre-
bilde" aber ist es vollends unmöglich sich einen Vers zu
inachen. Weder ist der Gegenstand verständlich, noch die
Erscheinung fesselnd. — Zch kommc zu Kaulbach, dessen
lliamen zwei Zeichnungen tragen. Wegen seiner „Jdylle"
ordne ich ihn hier ein. Es wird nachgerade schwer, über
diese Art keiue Satire zn schreiben. Eine Aiutler, die im
Schatten eincs Kornfeldes ihrem Kinde die Brust reicht,
kas köunte doch gewiß ein sehr anmiithiges Bild abgebcn.
Abcr dcr großartige Liiiieuzug dcr „symbolisch-historischen"

Malerei muß nur nicht hineingetragen werden; die see-
len- und geistlosen Schablonenköpfe müssen einander und
den Beschauer nicht mit weit aufgerissenen Augen anglotzen;
spielende Nebendinge müssen nicht den Gedanken erdrückeu;
die Scene muß Natur und Wahrheit athmen: in ällen
diesen Beziehungen lehrt Kaulbach's Jdylle, wie man es
nicht zu machen hat. Aehnlich verhält es sich mit der Scene
aus der Odyssee, „Hermes bei der Kalypso". Es ist eine
gemachte, steife, langweilige Figur, dieser von hinten ge-
sehene Götterbote; von dem „herrlichen Dulder Odysseus",
der unfern am Gestade sitzt, ganz zu schweigen. Was
Kaulbach's unglücklicher Richtnng überhaupt Eingang
verschafft hat, das besticht auch in diesen Blättern, die
Sicherheit und der Fluß der Linienführung, der Stempel
untrüglicher Beherrschung des Technischen, dieses Hin-
werfen der Komposition, als könnte sie nicht anders sein,
während sie doch sehr anders sein sollte und müßte.

Jn der Landschaft, die ich noch kurz berühren will,
muß Bossnet's „Ansicht von Cordova" nnd einc
Landschaft von Lessing hervorgehoben werden. Dic
Klarheit und Sättigung des Lusttones in jener, die Aus-
sicht in die Ferne am Flußufer hin, die Schärfe und
Klarheit der architektonischen Formen im Bordergrunde
sind über alles Lob erhaben: man glaubt die Natur selbst
in einem ihrer schönsten Momente vor sich zu haben nnd
muß doch zugleich die Kunst der Darstellung bewundern,
ohnc aber dadurch von dem Gegenstande und seiner Aus-
fassung abgeleukt zu werden. — Lessing schlägtdüstcrerc
Töne an. Schweres Gewölk hängt über cinem langen,
zu beiden Seiten von Bergen begrcnzteu Thale. Abcr
schwcrer ist die Wolke des Krieges über die gesegneten
Fluren hingezogen. Die Wahrheit der landschaftlichen
Natnr, der Koutrast der Belenchtung dnrch zerstreutes
Licht gegcn das schwärzlich-grane dicke Gewölk ist von
eincr nnglaublichen Großartigkeit und ergreifender Wir-
kung auf daS Gemüth. — Von dcn übrigen Landschafts-
malern will ich uur uoch zwei namhaft macheu, dic schou
der Zahl ihrer aiisgestellteu Werkc nach dicsen Vorzng
verdienten: Ednard Hildebrandt und Andreas Achen-
bach. Von jencm erscheineu fast nur ältcre Bildcr, das
poesievolle „Am Weiher", in dessen Weidenstnmiiicln
jedoch schon die jetzt bei ihm Sitte gewordcne Vernach-
lässigung fester gediegener Form zu Tage tritt; zwei
„Winterlandschafteii"; „Am Brienzer See" u. s. w-
Zwischen Landschaft und Genre mitten inue steht seiuc
„tNorgenfrische mit spielenden Kindern", höchst glücklich
in dem kühlen, scharfen Morgcuhauch des Strandeö, nud
in der bedeutsam hcrvortretcndeii figürlichen Staffage
voll Lebcn und Bewegnng, kindlicher Unschnld nnd gra
ziöscr Laune. Auf eincm anderen Bilde gescllt sich zum
Landschaftlicheu die thierische Natnr: auf der trefslichcu,
in dniitlcm Tone nnd doch klar gehaltcue» „Schottischeu
Küste mit Pinguüien". Dagcgeu tritt dic outrirtc Bc
 
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