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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Die bildenden Künste auf der Antwerpener Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0027

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Die bildenden Künste auf der Antwerpener Ausstellung.

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Franzosen wohl auf. Alle an Größe überragend
steht in der Mitte das Gipsmodell des in Brügge
errichteten Standbildes von Breidel und de Coninck
von Paul Devignc. —

Holland ist das Land des Nebels und der feuchten
Luft, die die Umrisse undeutlich macht, aber die
Stimmung befördert. Die Holländer zeichnen nicht
besonders, aber sie „malen" gut. Es ist eine kleine
Abteilung, aber man lernt sie gerne kennen. Dabei
lallt es auf, dass die älteren Größen nicht die stärk-
sten sind, Louis Apol z. B. wird entschieden kon-
ventionell und auch der alte Mcsdag steht nicht mehr
auf seiner früheren Höbe. Er zeigt entschiedene
Spuren des Alters. Besser als die Ölbilder und sehr
fein im Ton ist dagegen das kleine Aquarell „Ma-
tinee sur la plage ä Scheveningen". Ein kleiner
feiner Maure ist auch ausgestellt „Dans le potager"
und ein Mauve redivivus scheint P. Meulen mit der
in wundervoller Stimmung gemalten Scbafheerde
zu sein. Oyens, Roelofs, Jac. Looy, Ii. J- Blommcrs,
mit kleiner Anlehnung an Uhde, P. J. C. Gabriel
und der kürzlich verstorbene J. VroUjk sind gut ver-
treten, sowohl mit Ölbildern als auch in der Abteilung
für Pastell und Aquarell.

Unter den Skandinaviern vermisst man die
Schweden gauz, und was die Norweger diesmal
geschickt haben, macht keinen sehr reifen Ein-
druck. uans EeyerdahXs junges Paar, das am

Stranrlo ---- , . . -

wandelnd bei Abendbeleuchtung sich eben

Strande - —~

die große Frage „ja oder nein" vorgelegt hat,
ist naiv aufgefasst, voll Empfindung, aber techisch
hapert's, namentlich im Vordergrund. Ein seltsamer
Geselle ist Gerhard Munthc. Ob seine symbolischen
Zeichnungen ernst oder satirisch sein sollen, ist
kaum zu entscheiden. In dem überaus drolligen
Stück: „Les filles de Vaurore boreale et leurs galants"
kommen Eisbären und lecken die Füße der drei
Schönen, die trotz des hohen Breitegrades, in dem
sie sich befinden, im Hemde stehen und bei der
Annäherung ihrer Liebhaber scheußlich zu frieren
scheinen. Diese übrigens mit äußerster Kindlich-
keit gemachten bunten Zeichnungen scheinen Traum-
visionen zu sein. Lindrich, Wenzel, Strömdal und
Werenskiold bringen Tüchtiges zur Ansicht. In der
Plastik hat Menga-Scheider up Ebbe einen Schmetter-
ling in Form einer spreizbeinigen Schönen gegeben.
Besser ist er in einer nicht im Katalog angegebenen
Gruppe von einem Satyr, der eine Nymphe um-
schlungen hält, auf einem Weinfass.

Sehr tüchtig treten die Dänen auf. Die meisten
ihrer Tüchtigsten scheinen sich beteiligt zu haben.

Allen voran der Riese P. S. Kröger. Seine „Abend-
dämmerung, Erinnerung an Skagen'1 erhielt die
Ehrenmedaille. Außerdem hat er einen Sommer-
abend am Meeresufer mit zwei wandelnden Frauen-
gestalten gemalt, voll herrlicher Stimmung. Die
sonstigen Namen von Klang, wie II. Lindeburg,
Axel Ilelsled, N. P. Mols, J. Paulsen (mit einem
„Cain" und einem wundervollen weiblichen Halb-
akt), Vigo Petersen, Carl Thomscn, L. Tuxen und
G. Zarthmann sind sämtlich gut vertreten. Eine
ausgezeichnete weibliche Aktstudie in Pastell hat
E. Wandel, in Kopenhagen, ausgestellt.

Über die spanische Abteilung kann man ohne
Gewissensbisse hinweggehen. Sie besteht nämlich
nur aus einem kleinen Nebenkabinet, in dem, bei
fast völliger Dunkelheit, ein Dutzend Bilder unbe-
deutenden Inhalts hängen.

England wird durch einige Koryphäen repräsen-
tirt. Man bedarf übrigens keines Katalogs, um auf
den ersten Blick in den Ausstellungen alle eng-
lischen Bilder zu erkennen. Sie haben vor allem
das nationalste Gepräge und unterscheiden sich da-
durch auch wesentlich von den Amerikanern, die
ein gewisses Weltbürgertum an sich tragen. Ein
weibliches Portrait, aufgefasst als die „last rose of
summer" von Sir John Everel Millais, erhielt die
Ehrenmedaille, ebenso das Portrait des Cardinais
Manning von W. W. Oulcss, der die alten Meister,
insbesondere Velazquez, fleißig studirt haben mag.
Sir Frederic Leighlon's „Garten der Hesperiden" zeigt
die ganze klassische Schulung und die Liniengrazie
des Präsidenten der Royal Academy. Mit charakteri-
stischen Werken vertreten sind außerdem Camcron
Henry Davis, John Lavery, William Logsdail, Miss
Clara Montalba, Henry Moore (mit einer breit und
derb hingehauenen Marine „la demande d'un pilote")
Brilon liiviere, Stoü of Oldham und in der Zeichnung,
im Pastell und Aquarell (worin die Engländer, wie
immer, sehr viel Gutes leisten) Austen Brown,
Burne Jones (mit Kompositionen zur Perseussage),
Walter Grane, Afred Parsons und Sir James Linton.
Das technisch geradezu hervorragende Pastell von
George Hare „Captives" zeigt einen weiblichen Rücken-
akt, sitzend mit einem von rechts sich anlehnenden
Knaben. Eine kleine „Ecke des Ateliers von Sir
Frederic Leighton" von Alma Tadema kann vielleicht
als die Perle der ganzen englischen Abteilung gelten.

Amerika hat keine eigentliche nationale Kunst,
aber viele geschickte Künstler, die namentlich in
Paris ihre hohe Schule durchmachen. Das sieht
man der amerikanischen Abteilung sogleich an. Sie
 
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